Cogito ergo Hellmann sum


Und wieder einmal hat sich ein Hamburger Künstler in gestalterischer Simplizität und wortgewaltiger, philosophischer Ausdruckskraft selbst übertroffen.

Der geneigte Leser mag ebenso wie ich in Demut verharren angesichts der tiefen inhaltlichen Präzision, mit der der Sinn unseres Daseins geradezu metaphorisch und wohlgewählt auf eternitären Untergrund seine gesamte Schönheit offenbart.

Nun mag man sich fragen: Wer ist Hellmann? IST Hellmann? Und wenn ja, wie und warum?

Zaghaft, mit vorsichtigen und zurückhaltenden Lettern hat ein weiser Wanderer einen Versuch der Erklärung hinterlassen.

Hellmann. Ja, Hellmann ist. Und zwar ein NASI.

Welch wunderbare Allegorie auf den ontologischen Zweifel unserer Zeit, welch schamhafte anachronistische Verleugnung!

Hellmann, der NaSionalsozialist. Mitglied der NZDAP und der ZZ. Hier ein Bild eines entfernten Verwandten, der auch Namensgeber der berühmten Hellmann-Medaille war.

Doch um die Zwiespältigkeit des menschlichen Bewußtseins in seiner vollen Gänze auszuarbeiten, scheut sich der kluge Künstler nicht, Nasi Hellmann zugleich zum hebräsichen Fürsten emporzuheben.

Aber damit nicht genug! Der Künstler arbeitet auch die vernichtende Bedeutungslosigkeit des Daseins heraus und vollendet damit die häretische Trinität der Ontologie: Hellmann, der Nasi, ist ein Mensch. Ein Mensch unter vielen und damit nicht besser als ein Reiskorn auf einem Reisfeld. Nasi, so weiß der strebende Sucher der Wahrheit, das ist der Reis.

Und so bleibt die Essenz des kraftvollen Beweises der philosphischen Gefälligkeit des Hamburger Künstlers, reduziert auf ein Korn. DAS Körnchen Wahrheit, gefasst in kurze, wohlklingende Worte.

Doch das Wort macht uns nicht zum Menschen, es macht uns nicht zum Hellmann. Denn, und das ist der reine Ursprung der Wahrheit:

Worte kochen keinen Reis.
(asiatisches Sprichwort)

Das rockt


Hamburg, morgens gegen 8 Uhr. Ich sitze in der S-Bahn. Die Außentemperatur beträgt 7 Grad, die Sonne blinzelt durch die Wolken. Ich trage einen dicken Winterpulli, Schal und Mantel.
Es liegt allerdings kein Schnee und es regnet auch nicht. Für den echten Hamburger, die echte Hamburgerin bedeutet das: T-Shirt-Wetter! Und so verwundert es mich nicht (mehr), dass der junge Mann mir gegenüber kurzärmlig gewandet ist.  Offensichtlich ein Einheimischer.

In der Sitzbank neben mir unterhalten sich währenddessen zwei Jugendliche.

Die S-Bahn hält. Der junge Mann mir gegenüber steht auf um auszusteigen. Erst jetzt kann man sehen, dass er einen schicken weiten Rock trägt. Die weiblichen Fahrgäste seufzen schmachtend auf. Er sieht gut aus in seinem Rock.

Der Jugendliche #1 nickt mit dem Kopf in die Richtung des Berockten und spricht seinen Kumpanen an:

„Ey, Digga, haste den gesehen? Was der anhatte?“

Der Jugendliche #2 nickt grinsend:

„Voll krass ey. Im T-Shirt!“

Ich habe keine Ahnung. Aber davon viel!


Ich gehöre nicht zu den unentschlossenen Wählern. Oder, besser gesagt: Ich gehöre EIGENTLICH nicht zu den unentschlossenen Wählern. Tendenziell bin ich definitiv auf der linken Seite angesiedelt. Früher bedeutete das noch SPD, heute verteile ich meine Stimmen auf das wirklich linke Spektrum.

Ob ich mit der Einschätzung meiner Meinung bzgl. Übereinstimmung mit den angepeilten Parteien  richtig liege, habe ich in den letzten Tagen getestet. Einmal mit dem Wahl-O-Mat und zusätzlich mit dem etwas umfangreicheren Tool Wen wählen. Überraschenderweise – also für mich überraschend – habe ich laut dieser Hilfestellungen eine große Übereinstimmung mit den Grünen. Und so habe ich mich mit dem grünen Direktkandidaten meines Wahlkreises ein wenig näher befasst. Da er schon MdB ist, konnte ich auch gleich sein Abstimmverhalten mit seinen Aussagen vergleichen. Immerhin hier muss ich zugegeben, dass sich durchweg Kongruenz zeigte und ich bin geneigt, ihm meine Erststimme zukommen zu lassen.

Wen wählen hat eine sehr schöne Übersicht über die Meinung eines Kandidaten zu einer Reihe von Thesen. Das sieht bei Manuel Sarrazin, so heißt der Direktkandidat der Grünen meines Wahlkreises, bspw. so aus (auf die Bilder klicken, um sie zu vergrößern):

sarrazin

Dabei folgen die Aussagen einem klaren Farbschema. Je knalliger die Farbe, umso deutlicher der Standpunkt, grau bedeutet weder ja noch nein. Auf einen Blick ist also ersichtlich, ob bzw. dass der Kandidat sich  Gedanken gemacht hat und vorallem mit einem deutlichen JA oder NEIN Stellung bezieht. Daneben kann er Fragen und Antworten kommentieren.

Schauen wir uns doch einmal das Farbschema des CDU-Kandidaten Wolfgang Müller-Kallweit an:

kallweit

Oder das seines Kollegen aus der FDP, Herrn Dr. Kurt Duwe:

duwe

Blass, unentschieden, bloß keine Aussage treffen, anhand der man den Kandidaten womöglich auf eine Meinung festnageln könnte, so könnte man denken. Übrigens habe ich nicht etwa die Kommentare Herrn Müller-Kallweits und Herrn Duwes beschnitten, die beiden hatten nur einfach nichts dazu zu sagen bzw. zu schreiben.

Nun, schauen wir uns doch einmal die tatsächliche Verteilung der Antworten auf die 56 Fragen an:

Parteizugehörigkeit Eher ja/nein Unentschieden Deutlich ja/nein
CDU 19 17 20
FDP 24 15 17
Grüne 13 2 41
Linke 5 3 48

Man könnte Schwarz und Gelb, bzw. den entsprechenden Kandidaten bescheinigen,sie seien einfach politisch versierter. Schließlich kommt man nicht weit, wenn man sich deutlich äußert. Nein? Man könnte auch sagen, dem politischen Gesindel, das seine Fahne bestenfalls im Sinne der Partei, in der Regel jedoch im Sinne der Lobbyisten in den Wind hängt und auf jede Frage mit einem Schlechtmachen des politischen Gegners antwortet – ohne auch nur einmal konkret selbst Stellung zu beziehen – diesem Gesindel fehlt zumindest der Arsch in der Hose, den bspw. Adenauer noch hatte („was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“).

Nun ist die kleine Aufstellung, die ich hier gemacht habe, sicherlich nicht repräsentativ. Aber doch exemplarisch. Und – selbst wenn die Seele so schwarz ist wie die Nacht  und das Herz so gelb wie die Fingernägel eines Tabakjunkies – WER bitte schön wählt denn einen Politker, der folgende Aussage trifft:

unentschieden

Getreu dem Motto: Ich habe keine Meinung dazu. Aber das Thema ist mir wichtig!

Tötet das Pferd!


Selbst nach mehr als 3.000 Jahren kommen die erhitzten Gemüter nicht zur Besinnung. Der andauernde, schwelende Streit erreicht nun einen erneuten Höhepunkt.  Tausende Kilometer vom Brandherd entfernt hat sich nun eine Gruppe formiert, die mit jüngst aufgetauchten Schmähattacken, ihre Meinung visuell kundtut:

trojaner

Vermutlich handelt es sich um die bekannte danaische Terrorgruppe GOL (Griechisch odysseeische Liga ).

Weshalb trotz des vernichtenden Sieges gegen die Trojaner durch die Griechen die Verlierer noch immer verbal beleidigt und angegriffen werden, entzieht sich nicht nur meiner Kenntnis, sondern auch dem gesunden Menschenverstand.

Im sog. Trojanischen Krieg kämpften die Griechen gegen die Trojaner. Vorangegangen war der Raub der schönen (und verheirateten) Helena durch den Trojaner Paris. Das erzeugte Missmut bei den Griechen, weshalb sie sich flugs vereinten und  zornig gegen Troja zogen.

Aber zehn Jahre lang dümpelte das Heer nur missmutig vor den Toren herum. Weil das langweilig wurde, ersann Odysseus eine List: Er ließ ein gigantisches  Holzpferd bauen und den Trojanern vor die Tore stellen. Die zogen es nichtsahnend und trotz Warnungen (Trojaner waren nie für ihre Klugheit bekannt) in die Stadt, hielten es für ein Geschenk und waren schließlich ziemlich erstaunt, als dem Bauch des Pferdes griechische Krieger entsprangen, die ganz Troja dem Erdboden gleichmachten.

Das trojanische Pferd müsste also eigentlich griechisches Pferd heißen.

In der Neuzeit wurde schließlich Troja ausgegraben und ein Computervirus nach der Odysseuslist benannt. Von den armen Trojanern hat man aber nichts mehr gehört. (Stimmt nicht ganz, Vergil führt die römische Stammlinie in seinem Werk Aeneas auf die Trojaner zurück. Aber das ist eine andere Geschichte.)

Wollte der unbekannte Sprayer also bspw. seinen Missmut gegen die Schadsoftware der Obrigkeit, fälschlicherweise als „Bundestrojaner“ bezeichnet, äußern, so hätte er eigentlich schreiben müssen:

Gegen den Bundesgriechen! Oder Gegen das Bundetrojanische Pferd! Oder Gegen Bundesodysseus! Oder Gegen Bundes-Danaergeschenke!

Stadt der Superlative


Selbstverständlich steht außer Frage, dass Hamburg die wunderschönste, großartigste und bedeutendste Stadt des Universums ist. Als zugereiste, minderwertige Neu-Hamburgerin käme mir niemals in den Sinn, daran zu zweifeln.

Und so verwundert es nicht, dass sämtliche bedeutende Erfindungen, also das Rad, die Uhr, der Buchdruck, Penicillin, die Relativitätstheorie, Tampons, elektrisches Licht usw. hier erfunden oder erdacht wurden. Und wenn nicht in Hamburg, dann ganz sicher von einem Hamburger in der Diaspora oder wenigstens von einem Nicht-Hamburger mit Hamburger Wurzeln, Hamburger Verwandtschaft oder zumindest einem Bekannten in Hamburg!

Hamburg ist außerdem die Stadt der Superlative! Hamburg hat den größten Hafen (wer interessiert sich schon für Duisburg), sowieso aber den schönsten und natürlich den bedeutsamsten! Hamburg ist die grünste Großstadt und wird von den meisten Millionären bewohnt.

Wenn mein Liebster einen Satz mit „Weißt Du, wo die/der größte (beste, wichtigste) … steht/lebt/geboren ist?“, dann ist mir die Antwort schon klar! Auf solche Fragen gibt es ja nur EINE Antwort… (und schließlich will ich nicht den Rest meines Lebens auf Sex verzichten, nur weil ich so minderwertige Städte wie Paris, Rom oder London ins Gespräch gebracht habe!)

In Hamburg gibt es auch alles! Sogar Brezen und Weißwürste. Und BERGE! Wikipedia widmet den „Hamburger Bergen“ sogar einen eigenen Artikel. Dort heißen sie übrigens ganz dreist und natürlich grundfalsch „Erhebungen“.  Pffft, Erhebungen… Kein Mensch spricht hier von Erhebungendorf oder vom Wildpark Schwarze Erhebungen! Vergessen Sie die Alpen, besuchen Sie die schöne Hamburger Bergwelt!

Nur eines, das hat Hamburg nicht. Und alle Hamburger müssen nun ganz stark sein:

Es gibt in dieser riesengroßen Stadt nicht einen einzigen vernünftigen Busfahrer!!! Die fahren alle wie Honk im Vollsuff!! Bremsen unkontrolliert, dass es einen durch den Bus schleudert, fahren ruckartig an, halten lange bevor eine Ampel auch nur den Hauch von Orange andeutet. Selbstverständlich mit beherztem Tritt auf die Pedale.

Ich würde sogar behaupten, Hamburg hat die schlechtesten Busfahrer der Welt! Wenn das nicht schon wieder ein Superlativ wäre…