Ich habe keine Ahnung. Aber davon viel!


Ich gehöre nicht zu den unentschlossenen Wählern. Oder, besser gesagt: Ich gehöre EIGENTLICH nicht zu den unentschlossenen Wählern. Tendenziell bin ich definitiv auf der linken Seite angesiedelt. Früher bedeutete das noch SPD, heute verteile ich meine Stimmen auf das wirklich linke Spektrum.

Ob ich mit der Einschätzung meiner Meinung bzgl. Übereinstimmung mit den angepeilten Parteien  richtig liege, habe ich in den letzten Tagen getestet. Einmal mit dem Wahl-O-Mat und zusätzlich mit dem etwas umfangreicheren Tool Wen wählen. Überraschenderweise – also für mich überraschend – habe ich laut dieser Hilfestellungen eine große Übereinstimmung mit den Grünen. Und so habe ich mich mit dem grünen Direktkandidaten meines Wahlkreises ein wenig näher befasst. Da er schon MdB ist, konnte ich auch gleich sein Abstimmverhalten mit seinen Aussagen vergleichen. Immerhin hier muss ich zugegeben, dass sich durchweg Kongruenz zeigte und ich bin geneigt, ihm meine Erststimme zukommen zu lassen.

Wen wählen hat eine sehr schöne Übersicht über die Meinung eines Kandidaten zu einer Reihe von Thesen. Das sieht bei Manuel Sarrazin, so heißt der Direktkandidat der Grünen meines Wahlkreises, bspw. so aus (auf die Bilder klicken, um sie zu vergrößern):

sarrazin

Dabei folgen die Aussagen einem klaren Farbschema. Je knalliger die Farbe, umso deutlicher der Standpunkt, grau bedeutet weder ja noch nein. Auf einen Blick ist also ersichtlich, ob bzw. dass der Kandidat sich  Gedanken gemacht hat und vorallem mit einem deutlichen JA oder NEIN Stellung bezieht. Daneben kann er Fragen und Antworten kommentieren.

Schauen wir uns doch einmal das Farbschema des CDU-Kandidaten Wolfgang Müller-Kallweit an:

kallweit

Oder das seines Kollegen aus der FDP, Herrn Dr. Kurt Duwe:

duwe

Blass, unentschieden, bloß keine Aussage treffen, anhand der man den Kandidaten womöglich auf eine Meinung festnageln könnte, so könnte man denken. Übrigens habe ich nicht etwa die Kommentare Herrn Müller-Kallweits und Herrn Duwes beschnitten, die beiden hatten nur einfach nichts dazu zu sagen bzw. zu schreiben.

Nun, schauen wir uns doch einmal die tatsächliche Verteilung der Antworten auf die 56 Fragen an:

Parteizugehörigkeit Eher ja/nein Unentschieden Deutlich ja/nein
CDU 19 17 20
FDP 24 15 17
Grüne 13 2 41
Linke 5 3 48

Man könnte Schwarz und Gelb, bzw. den entsprechenden Kandidaten bescheinigen,sie seien einfach politisch versierter. Schließlich kommt man nicht weit, wenn man sich deutlich äußert. Nein? Man könnte auch sagen, dem politischen Gesindel, das seine Fahne bestenfalls im Sinne der Partei, in der Regel jedoch im Sinne der Lobbyisten in den Wind hängt und auf jede Frage mit einem Schlechtmachen des politischen Gegners antwortet – ohne auch nur einmal konkret selbst Stellung zu beziehen – diesem Gesindel fehlt zumindest der Arsch in der Hose, den bspw. Adenauer noch hatte („was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“).

Nun ist die kleine Aufstellung, die ich hier gemacht habe, sicherlich nicht repräsentativ. Aber doch exemplarisch. Und – selbst wenn die Seele so schwarz ist wie die Nacht  und das Herz so gelb wie die Fingernägel eines Tabakjunkies – WER bitte schön wählt denn einen Politker, der folgende Aussage trifft:

unentschieden

Getreu dem Motto: Ich habe keine Meinung dazu. Aber das Thema ist mir wichtig!

Hessenwahl: Warum man über Wahlpflicht nachdenken sollte


Das schöne Land Hessen, bekannt für Ebbelwoi und Badesalz, hat gestern gewählt. Das Ergebnis ist mittlerweile bekannt. Schwarz-Gelb hat die Mehrheit, der Koch freut sich, TSG kann auch zufrieden sein, hat er doch sein Bestes gegeben.

Nur warum die Ypsilanti gestern zurückgetreten ist, verstehe ich nicht. Also, den Zeitpunkt verstehe ich nicht. Den Rücktritt schon.

Daß ich eine Verfechterin der Wahlpflicht bin, das wissen nur wenige. Wie oft diskutiert man schon über so ein Thema? Daß die Hessen-Wahl aber ein wunderbarer Aufhänger für genau dieses Thema ist, das seht Ihr gleich.

Spielen wir ein bißchen mit Zahlen:

In Hessen gibt es 4,4 Millionen Wahlberechtigte. Das Land selbst hat ca. 6,1 Millionen Einwohner. Die Wahlbeteiligung lag bei 61,1%. Gewählt haben also 2.688.400 Hessen.

Gültige Wahlzettel gab es 96,2%. Die Stimmverteilung sieht so aus:

wahl

Von den 2.688.400 Hessen haben also 1.000.085 für die CDU gestimmt, 435.521 für die FDP, 637.151 für die SPD, 368.311 für die Grünen und 145.174 für die LINKE. (Ich habe die Zahlen gerundet.)

Das heißt, die (wahrscheinlich) regierenden Parteien wurden von zusammen 1.435.605 Hessen für diese Aufgabe als tauglich befunden oder – anders gesagt, von etwa einem Drittel der Wahlberechtigten bzw. einem Viertel der Landesbevölkerung. Ich finde das sehr bedenklich.

Warum sind die Wähler so wahlfaul? Ist es das Gefühl „es ändert sich ja sowieso nichts“? Ist es dann nicht reichlich kontraproduktiv, NICHT zur Wahl zu gehen? Wenn man so sehr mit allen Parteien/Politikern unzufrieden ist, warum dann nicht den Stimmzettel ungültig machen? Reicht, wenn man ihn durchstreicht oder einen großen Totenkopf darauf malt. Gäbe es einen hohen Prozentsatz ungültiger Wahlzettel, hätte auch das eine Außenwirkung, oder nicht?

Eine Wahlpflicht könnte dazu führen, daß den Bürgern wieder bewußt wird, das sie der wesentliche Bestandteil dieser Demokratie sind. Demokratie ist nichts, was uns geschenkt oder aufgezwungen wurde. Es gab Zeiten, da wurde sehr darum gekämpft. Und dieses erkämpfte Recht verpflichtet auch.

Darüber sollte man durchaus einmal nachdenken.