Cogito ergo Hellmann sum


Und wieder einmal hat sich ein Hamburger Künstler in gestalterischer Simplizität und wortgewaltiger, philosophischer Ausdruckskraft selbst übertroffen.

Der geneigte Leser mag ebenso wie ich in Demut verharren angesichts der tiefen inhaltlichen Präzision, mit der der Sinn unseres Daseins geradezu metaphorisch und wohlgewählt auf eternitären Untergrund seine gesamte Schönheit offenbart.

Nun mag man sich fragen: Wer ist Hellmann? IST Hellmann? Und wenn ja, wie und warum?

Zaghaft, mit vorsichtigen und zurückhaltenden Lettern hat ein weiser Wanderer einen Versuch der Erklärung hinterlassen.

Hellmann. Ja, Hellmann ist. Und zwar ein NASI.

Welch wunderbare Allegorie auf den ontologischen Zweifel unserer Zeit, welch schamhafte anachronistische Verleugnung!

Hellmann, der NaSionalsozialist. Mitglied der NZDAP und der ZZ. Hier ein Bild eines entfernten Verwandten, der auch Namensgeber der berühmten Hellmann-Medaille war.

Doch um die Zwiespältigkeit des menschlichen Bewußtseins in seiner vollen Gänze auszuarbeiten, scheut sich der kluge Künstler nicht, Nasi Hellmann zugleich zum hebräsichen Fürsten emporzuheben.

Aber damit nicht genug! Der Künstler arbeitet auch die vernichtende Bedeutungslosigkeit des Daseins heraus und vollendet damit die häretische Trinität der Ontologie: Hellmann, der Nasi, ist ein Mensch. Ein Mensch unter vielen und damit nicht besser als ein Reiskorn auf einem Reisfeld. Nasi, so weiß der strebende Sucher der Wahrheit, das ist der Reis.

Und so bleibt die Essenz des kraftvollen Beweises der philosphischen Gefälligkeit des Hamburger Künstlers, reduziert auf ein Korn. DAS Körnchen Wahrheit, gefasst in kurze, wohlklingende Worte.

Doch das Wort macht uns nicht zum Menschen, es macht uns nicht zum Hellmann. Denn, und das ist der reine Ursprung der Wahrheit:

Worte kochen keinen Reis.
(asiatisches Sprichwort)

Tötet das Pferd!


Selbst nach mehr als 3.000 Jahren kommen die erhitzten Gemüter nicht zur Besinnung. Der andauernde, schwelende Streit erreicht nun einen erneuten Höhepunkt.  Tausende Kilometer vom Brandherd entfernt hat sich nun eine Gruppe formiert, die mit jüngst aufgetauchten Schmähattacken, ihre Meinung visuell kundtut:

trojaner

Vermutlich handelt es sich um die bekannte danaische Terrorgruppe GOL (Griechisch odysseeische Liga ).

Weshalb trotz des vernichtenden Sieges gegen die Trojaner durch die Griechen die Verlierer noch immer verbal beleidigt und angegriffen werden, entzieht sich nicht nur meiner Kenntnis, sondern auch dem gesunden Menschenverstand.

Im sog. Trojanischen Krieg kämpften die Griechen gegen die Trojaner. Vorangegangen war der Raub der schönen (und verheirateten) Helena durch den Trojaner Paris. Das erzeugte Missmut bei den Griechen, weshalb sie sich flugs vereinten und  zornig gegen Troja zogen.

Aber zehn Jahre lang dümpelte das Heer nur missmutig vor den Toren herum. Weil das langweilig wurde, ersann Odysseus eine List: Er ließ ein gigantisches  Holzpferd bauen und den Trojanern vor die Tore stellen. Die zogen es nichtsahnend und trotz Warnungen (Trojaner waren nie für ihre Klugheit bekannt) in die Stadt, hielten es für ein Geschenk und waren schließlich ziemlich erstaunt, als dem Bauch des Pferdes griechische Krieger entsprangen, die ganz Troja dem Erdboden gleichmachten.

Das trojanische Pferd müsste also eigentlich griechisches Pferd heißen.

In der Neuzeit wurde schließlich Troja ausgegraben und ein Computervirus nach der Odysseuslist benannt. Von den armen Trojanern hat man aber nichts mehr gehört. (Stimmt nicht ganz, Vergil führt die römische Stammlinie in seinem Werk Aeneas auf die Trojaner zurück. Aber das ist eine andere Geschichte.)

Wollte der unbekannte Sprayer also bspw. seinen Missmut gegen die Schadsoftware der Obrigkeit, fälschlicherweise als „Bundestrojaner“ bezeichnet, äußern, so hätte er eigentlich schreiben müssen:

Gegen den Bundesgriechen! Oder Gegen das Bundetrojanische Pferd! Oder Gegen Bundesodysseus! Oder Gegen Bundes-Danaergeschenke!

Die Bedeutung der Hamburger Scheibenwelt


Ich will mich ja eigentlich gar nicht über die Rechtschreibkenntnisse Hamburger Graffitikünstler auslassen. Auch wenn es durchaus auffällig ist, daß die Lehre der Orthographie in den hiesigen Schulen defizitär behandelt wird. Doch will ich nicht urteilen! Ich möchte keinesfalls ausschließen, daß manche Worte im Land Hamburg letztlich anderen Rechtschreibregelungen unterliegen als dies bspw. im Land Sachsen der Fall ist.

Außerdem, und darauf möchte ich hinaus, steckt hinter so interessanten Wortkreationen wie „Wilhamfburg“ oder „Raimbow“ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein anarchodadaistischer Intellektueller, der Geheimbotschaften und Weltwitz kalkuliert und gekonnt graphisch umsetzen kann. Oder er hat bösen Schnupfen…

Sein neuestes Werk ist allerdings an feinsinniger und hintergründiger Treffsicherheit kaum zu überbieten. Zwischen ebenso bunten wie alltäglichen Wandmalereien prangt im Hamburger Hafen sein neues Credo ontologischer Weltanschauung, das – in schlichtem Schwarz gehalten – seine ganze Schönheit auf grauem Beton entfalten kann. Der Vorüberfahrende blickt zunächst irritiert auf die mit zitternder Dose gesprühten Majuskeln und vermag ihren Sinn nicht zu entschlüsseln:

HAMBURG IST SCHEIBE!

Die philosphische Durchdrungenheit wird einem erst unter näherer Betrachtung und in Zusammenwirkung mit der keineswegs zufällig gewählten Umgebung offenbar. Dort, wo Schiffe aus aller Welt entladen werden, prangert dieser kurze und bescheidene Satz die Oligarchie der Wissenschaft und die Verunglimpfung theologischer Antithesen durch ebendiese an. Wie ein zitternder David sich dem übermächtigen Goliath entgegenstellt, recken sich die krakeligen Buchstaben frech und aufmüpfig den großen Schiffen dieser Welt entgegen.

Es springt einem sofort ins Auge, daß Hamburg hier als Synonym verwendet wird. Selbstverständlich kann nur ein wahrer Lokalpatriot eine solch kunstvolle Metapher fabulieren. Ja, Hamburg ist die Welt. Doch anders als im bekannten Goetheschen Hexameter: Eine Welt zwar bist du – o Rom. Doch ohne die Liebe wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom. kann Hamburg auch und gerade ohne Liebe demonstrieren, daß es ein Alles, eine ebenso liebevolle wie herzlose Übermutter sein kann, von der man sich nicht trennen möchte.

Die Welt ist also eine Scheibe. Wir erinneren uns an den Mythos der Flachen Erde, an den angeblichen Disput zwischen Klerus und dem Weltentdecker Christoph Kolumbus. Die Borniertheit und die Gedankengewalt hinter klassischer Anschauung wird uns sogleich gewahr.

Doch wir geben uns einem Trugschluss hin! Gekonnt versucht der Künstler, uns auf den Irrweg zu führen, wie den gefangenen Menschen im platonischen Höhlengleichnis. Der Betrachter denkt, er hätte die Fesseln der oberflächlichen Betrachtung abgestreift und das Feuer erblickt. Doch muss er noch einen Schritt wagen und aus der Höhle treten, um das Sonnenlicht zu erkennen!

Denn keineswegs möchte der metaphysische Ausdruck uns auf das Kräftemessen verschiedener Weltanschauungen hinweisen.  Jedenfalls nicht in tiefenpsychologischer Bedeutsamkeit.  Viel zu offensichtlich wäre die Aussage. Schließlich katapultiert sie geradezu die Warnung, sich keiner ideologischen Antikratie hinzugeben, in unser Bewußtsein. Vielmehr versucht der Urheber – und das ist die eigentliche Kunst – uns zu einem tiefgründigeren Blick zu bewegen. Eben gerade durch die Offensichtlichkeit sollen wir genauer hinsehen, unseren Blick schärfen.

Und wie ein Blitzschlag trifft uns die Erkenntnis. Wir reiben uns die Augen und können die Tücke und Genialtät des Autors nicht fassen!

HAMBURG IST SCHEIßE!

Da versuchte uns der Künstler mit einem Versal-Eszett in die Irre, ja gar in Versuchung zu führen! Und plötzlich sehen wir die humorvolle und zärtliche Verschnörkelung der Buchstaben, die wir für ein Resultat der zittrigen Hand gehalten haben!

Nein, sagt der Autor! Nicht der Inhalt macht den Satz, sondern die Buchstaben!

Damit verkehrt er unser gesamtes Weltbild ins Negative und karikiert unsere alltägliche Wortarroganz. Denn selbstverständlich ist jedem vernunftbegagten Menschen bewußt, dass der nun tatsächlich gewahr gewordene Inhalt des Satzes blanker Unsinn ist, sein muss!

Und das dies kein Einzelfall ist, ist die Lehre, die wir aus dem Kunstwerk ziehen sollen. 😉

Meues aus Wilhamfburg


N ist eim böser, abscheulicher Buchstabe. Das wissem wir alle. Eime Memge gräßlicher, ja sogar amstößiger Worte begimmt mit N. Z.B. Nazi, Niedertracht, Neid, Nippel usw. (Weitere umzüchtige Wörter schreibe ich besser micht him, somst lamdem hier wieder die Perverslimge.)

Es ist also mehr als verstämdlich, daß viele Memschem eime emorme Abmeigumg gegem diesem bösem Buchstabem hegem.

Vor eimer Weile berichtete ich über die mysteriöse Wilhamfburg. Damals spekulierte ich über eime Mischumg aus Wilhelmsburg umd Hamf. Ich umterstellte dem Kümstler Umkemmtmis bzgl. des Wortes (!) Hamf, was aber gamz falsch war.

Tatsächlich hat sich gamz Wilhelmsburg löblich zusammemgeschlossem, um fürderhim dem Buchstabem N zu bramdmarkem umd gegem das formschöme umd harmomische M auszutauschem. Diese Bürgerimitiative steht umter dem Zeichem des Regembogems.

Umd so pramgt umter dem Wilhamfburg-Graffiti auf jemer Betombrücke mum eim Meues, micht mimder schömes Kumstwerk. Im bumtem Letterm steht da jetzt mämlich geschriebem:

RAIMBOW

Gut lesbar vom der S-Bahm aus. Großartige Aktiom, die ich mit diesem aufrüttelmdem Artikel germe umterstützem werde!

Ich kapier‘ den Witz nicht


Vielleicht kann ihn mir ja ein Hamburger erklären. Sofern das ein Witz/Wortspiel sein soll.

Also, die Sache ist so: Jeden Arbeitstag fahre ich auf dem Nachhauseweg mit der S-Bahn auch die Station Wilhelmsburg an. Schräg gegenüber befindet sich eine Betonbrücke, auf die ein kreativer Kopf folgendes gesprüht hat:

WILHAMFBURG

Unbedarft wie ich als bayrisches Landei nun einmal bin, dachte ich, da wollte jemand womöglich die Leidenschaft eines Stadtteils zu bestimmten Rauchwaren verbal darstellen. Nun ja. Immerhin gelang es dem unbekannten Künstler, eine latente Orthographieschwäche liebevoll vorzuführen. Vielleicht ist es aber auch eine kritische künstlerische Auseinandersetzung mit der Verführung durch Drogen und ihre Folgen. Oder es wurden Riesenschablonen verwendet und – scheiße – das N vergessen. Joah, nimmt man halt ein M, hört sich fast richtig an.

Nun möchte ich allerdings als Nicht-Hamburgerin nicht in irgendein Fettnäpfchen treten und den/das hier womöglich wohlbekannte und geliebte HAMF ableugnen. Wir hatten ja schon die Hamburger Tee-Plantagen. Kann ja sein, daß Wilhelmsburg für seine Hamf-Plantagen berühmt ist?

Vielleicht mag mir eine(r) das erklären…