Schlechte Welt


Morgens, so wie heute, sitze ich meistens mit der Kaffeetasse in der Hand vor dem Rechner und durchblättere meinen Feedreader. Ich habe einige sehr trashige Feeds abonniert, der schlimmste und trashigste aber ist der von Welt online. Ich rege mich gerne auf und habe wohl auch masochistische Züge. Vielleicht will ich die Welt aber im wahrsten Sinne nur so sehen, wie sie auch wirklich ist: Verdammt oberflächlich.

Noch schlimmer als die Artikel auf Welt online sind übrigens die dortigen (Leser-)Kommentare. Man sieht in den Anmerkungen die Ergüsse des widerwärtigen selbstgerechten Beamtenschleim, des diplomierten Handwerker, des in tradierten Rollenmustern verhafteten Selbstbejammerer, des dünkelhaften Bankangestellten, der Intellektualität, oder, schlimmer noch, Wetigkeit mit Statussymbolen und finanzieller Kaufkraft definiert,  man liest die stets konformen Kommentare der prostituierten Hausfrau, die ihre Qualitäten an den finanzstärksten Bewerber verkauft hat und dadurch das vermeintlich Recht erworben hat, auf andere herabzuzehen. Kurz gesagt, man findet unter den schreibenden Lesern überwiegend das Kroppzeug der FDP.

Kein Wunder, dass auch die bezahlten Kommentatoren nicht mit geistiger Tiefe glänzen können:

 

Frauen reden viel und Männer fragen nie nach dem Weg


Aktuell führe ich eine Reihe von Bewerbungsgesprächen. Nicht, weil ich mich beruflich neu orientieren möchte, sondern weil es zum Aufgabenbereich meiner jetzigen Arbeitsstelle gehört.

Genauer gesagt wähle ich StudentInnen für ein duales Studium an unserem Studienort aus.

Nur so am Rande bemerkt: Es ist unfassbar, was für grauenerregend schlechte Bewerbungen wir erhalten. Und nicht etwa gemessen an den Noten!

Bewerbungsfotos, die in der S-Bahn schnell mit dem iPhone geknipst wurden, Anschreiben, die aus einer Zeile bestehen, als Adressat die Konkurrenz nennen oder schon erkennen lassen, dass völlig verkannt wird, was unter einem dualen Studium zu verstehen ist, Bewerbungen, die sich pauschal auf alle offenen Stellen bewerben und dann eine Antwort auf ihre E-Mail-Adresse „maria-huana666@…“ oder „hotrussiangirl@…“ erwarten. Es ist streckenweise zum Heulen.

Tatsächlich sind wir aber noch gnädig, da wir wissen, dass man das Bewerbungen Schreiben in der Schule nicht lernt. Wir erwarten natürlich in gewisser Weise schon, dass sich ein etwa 20-jähriger Mensch mit Abitur ggf. mal im Internet schlau macht, aber auch dann kann ja noch viel – seeehr viel – schief gehen. Meine Erfahrung ist denn auch, dass die überwiegende Mehrheit total erleichtert ist, wenn ich mit ihnen die Bewerbung Schritt für Schritt durchgehe und ihnen die Fehler verdeutliche.

Die Bewerbungsgespräche führen wir gruppenweise durch, ungefähr drei bis sechs Personen pro Gespräch. Im Anschluss daran gibt es noch auf Wunsch Einzelgespräche. Dass sich das zeitlich sehr ausdehnen kann, ist normal.

Ich will keine Klischees bedienen, aber tatsächlich ist es so, dass in Gruppen, die nur aus männlichen Kandidaten bestehen, das Gespräch nach max. eineinhalb Stunden beendet ist (inkl. Einzelgesprächen).

Reine Frauengruppen brauchen immer deutlich länger.

Und noch etwas ist mir aufgefallen: Wir servieren zu den Gesprächen Getränke und Süßigkeiten. In gemischten Gruppen bleiben die Süßigkeiten immer unangetastet. In reinen Frauengruppen ist der Teller am Ende des Gesprächs fast leergeräumt.

Oberflächlich betrachtet könnte man also meinen, Frauen reden typischerweise mehr als Männer. Dass das nicht richtig ist, setzt sich nicht wirklich durch. Zu schön und einfach ist das Vorurteil.

Ich denke, der Grund für die unterschiedliche Dauer ist ein anderer. In reinen Männergruppen trauen sich die Bewerber oft nicht, Fragen zu stellen. Sie haken nicht nach und sie beziehen vieles, was man ihnen vorträgt, nicht auf sich, sondern sehen es abstrakt. Frauen dagegen werden in Frauengruppen persönlicher, haben keine Scheu, ihre eigene Situation darzulegen und Probleme zu erörtern.

Gemischte Gruppen sind mMn für männliche Bewerber vorteilhafter. Sie fragen mehr und sind insgesamt kommunikativer. Bei den Frauen gibt es auf den ersten Blick keinen wesentlichen Unterschied.

Außer, dass sie sich ohne männliche Begutachtung hemmungslos mit Süßkram vollstopfen können. 😉

Das rockt


Hamburg, morgens gegen 8 Uhr. Ich sitze in der S-Bahn. Die Außentemperatur beträgt 7 Grad, die Sonne blinzelt durch die Wolken. Ich trage einen dicken Winterpulli, Schal und Mantel.
Es liegt allerdings kein Schnee und es regnet auch nicht. Für den echten Hamburger, die echte Hamburgerin bedeutet das: T-Shirt-Wetter! Und so verwundert es mich nicht (mehr), dass der junge Mann mir gegenüber kurzärmlig gewandet ist.  Offensichtlich ein Einheimischer.

In der Sitzbank neben mir unterhalten sich währenddessen zwei Jugendliche.

Die S-Bahn hält. Der junge Mann mir gegenüber steht auf um auszusteigen. Erst jetzt kann man sehen, dass er einen schicken weiten Rock trägt. Die weiblichen Fahrgäste seufzen schmachtend auf. Er sieht gut aus in seinem Rock.

Der Jugendliche #1 nickt mit dem Kopf in die Richtung des Berockten und spricht seinen Kumpanen an:

„Ey, Digga, haste den gesehen? Was der anhatte?“

Der Jugendliche #2 nickt grinsend:

„Voll krass ey. Im T-Shirt!“

Über mich


  • Ich war über ein Jahr nicht krankenversichert. In dieser Zeit war ich nicht ein einziges mal krank.
  • Ich habe mehrere Kunstwettbewerbe gewonnen, einmal sogar irgendetwas europäisches, ich kann mich aber nicht genau entsinnen, was das war, da es über 20 Jahre her ist. Ich bin übrigens künstlerisch nur sehr mittelmäßig begabt.
  • Ich habe aber ein gutes Stimm- und Geruchsgedächtnis. Parfüms, die ich einmal gerochen habe, erkenne ich in der Regel auch nach Jahren wieder. Synchronstimmen kann ich ausnahmslos zuordnen.
  • Ich bin ohnehin vermutlich ein überwiegend auditiver Typ. Das läßt sich für einen selbst leicht feststellen, sofern man das 10-Finger-System beherrscht. Wer bei Typ automatisch Tüp tippt, ist gehörlastig.
  • Zeitschriften blättere ich grundsätzlich von hinten nach vorne durch.
  • Ich liebe Logikrätsel, Nonogramme, Rechenaufgaben und schwere Kreuzworträtsel.
  • Ich habe aus obigen Gründen einen hohen Bleistift- und Radiergummiverschleiß.
  • Was durchaus den Schluss zuläßt, dass ich diese Rätsel zwar sehr gerne löse, aber nicht zwingend gut darin bin.
  • Ich habe Vorurteile gegenüber Adligen. Außer sie lassen sich ihren Adelstitel aberkennen. Ansonsten sehe ich in ihnen ihre selbstgefälligen, ausbeuterischen Ahnsherren, die sich aus blödsinnigen Gründen über andere erhoben haben.
  • Ich mag kein(e) Nutella. Ich finde es sogar sehr widerwärtig, anderen beim Nutellaessen zuzusehen.
  • Kleine Kinder mögen mich oft, ich sie dagegen eher nicht. Ebenso ergeht es mir mit Katzen.
  • Ich könnte nicht mit einem Mann zusammenleben, der seine eigenen Flatulenzen bejubelt.
  • Alkohol ist für mich das, was früher für die Gesellschaft Pornographie war. Abstoßend, aber heimlich und hin und wieder sehr verführisch und verlockend.
  • Der einzige Prominente, bei dessen Tod ich geweint habe, war Peter Ustinov.
  • Ich kann ein klein wenig auf der Gitarre klimpern. Allerdings fehlt mir die Übung – und die Gitarre. Außerdem kann ich nur nach Tabulatur spielen.
  • Meine Lieblingstiere sind Vögel und das einzige Haustier, das für mich jemals in Frage käme, wäre ein Graupapagei (der auf meiner Schulter sitzend Passanten Flüche entgegenschmettert, die mir meine gute Erziehung vebieten würden).
  • Ich habe ein eigenes Bewertungssystem für amerikanische Filme, das auf der Anzahl der Flaggen beruht, die im Film auftauchen. Je mehr amerikanische Flaggen, desto schlechter fällt der Film für mich aus.
  • Kaffee gehört für mich zu den Grundnahrungsmitteln, obwohl ich ausschließlich mit (schwarzem) Tee aufgewachsen bin…
  • …den ich als Kind schon mit Rum trinken durfte…
  • …und trotzdem nicht zur Alkoholikerin wurde.
  • Mir ist nie langweilig.
  • Ich beschäftige mich gerne mit Religionen oder auch esoterischem Gedankgut, verabscheue beides aber.
  • Menschenansammlungen sind mir suspekt. Ich meide sogar, wenn möglich, gut gefüllte Busse oder Bahnen. Dazu warte ich auch problemlos bei Minusgraden auf das nachfolgende Verkehrsmittel oder gehe zu Fuß.
  • Mein Lieblingsgewürz ist Thymian. Meine Lieblingsfarbe ist Rot.
  • Ich finde (illegale) Drogen abstoßend.
  • Generell möchte ich mich ungern von etwas abhängig machen.
  • Was auch auf der – zugegeben etwas absurden – Überlegung beruht, dass mein Überlebenskampf nach einer Entführung durch Terroristen in einer Wüste wesentlich komplizierter verlaufen würde, litte ich bspw. unter Nikotinmangel.
  • Ich hoffe, die haben wenigstens Kaffee für ihre Opfer.
  • Ich besitze ein imaginäres Sexismusglöckchen.
  • Ich bin schwer genußfreudig. Was man auch durchaus sehen kann.
  • Es ist lange her, dass ich mich so mochte, wie ich bin. Vielleicht war das niemals der Fall, das ist noch nicht abschließend geklärt.
  • Ich habe große Probleme mit dem Älterwerden.
  • Meine einzige in etwa gleichaltrige Freundin wohnt 600 km weit weg und wir kommunizieren ausschließlich über E-Mail. Obwohl wir durchaus unsere Telefonnummern kennen.
  • Tatsächlich habe ich nur zwei wirkliche Freundinnen. Wovon die eine locker meine Tochter sein könnte.

Abgesang auf Blond


Eine Sängerin oder Schauspielerin, den Namen habe ich vergessen, sagte einmal, sie habe sich für einen Abend die Haare blondiert, wäre dann ausgegangen und hätte nie zuvor und danach so viel Spaß gehabt.

Blondinen leben eben anders. Blondinen haben es leichter. Blondinen werden bevorzugt.
Sie werden häufiger angelächelt, erscheinen harm- und hilfloser, werden netter eingeschätzt und gelten als sexy. Im Supermarkt stellen sich mehr Männer bei Blondinen an, Nachrichtensprecherinnen und Moderatorinnen sind mehrheitlich blond und la bella bionda Marilyn wäre als Brünette eben Frau Baker geblieben. Das Leben als Blondine ist einfacher und erfolgreicher.

Ich weiß es. Denn ich war 10 Jahre blond. Der Unterschied in der Behandlung durch meine Mitmenschen fiel mir umso deutlicher auf, da ich direkt vor der Erbleichung rabenschwarzes Haar hatte (auch gefärbt). Am Tag nach der Blondierung, ich half einer Freundin beim Umzug, kam der erste Mann auf mich zu und fragte, ob er mir beim Tragen helfen könne. Fahrzeuge hielten – selbst in Frankreich – wenn ich die Straße überqueren wollte. Es hagelte nie gehörte Komplimente. Als Schwarzhaarige hatten die Männer Angst vor mir. Bestenfalls weckte ich Dominafantasien.

Blondinen leben besser. Und ja, sie haben mehr Spaß. Davon bin ich nach meiner wechselnden Erfahrung überzeugt.

Nun sehe ich kein fremdes Gesicht, wenn ich in den Spiegel blicke, auch wenn es von (natürlichen) braunen Haaren umrahmt wird. Ich fühle mich nicht weniger attraktiv, nicht schlauer, nicht jünger.

Trotzdem: Blond zu sein war großartig. Wer wirklich Spaß haben und sich das Leben vereinfachen möchte, der greife unbedingt zu H2O2 und genieße die Berechenbarkeit des männlichen Geschlechts.

Ich aber tauche nun ab in der Masse und werde kein sichtbares Leuchtfeuer mehr sein. Die Tage waren ohnehin gezählt. Schließlich ist für eine Frau spätestens ab 30 der Spaß längst vorbei – da ist die Haarfarbe auch schon egal.

Und während man mir als Blondine im Supermarkt zwei Dosen aus dem Regal holte, um mir „zu helfen“, wurde ich gestern von einer Dame gefragt, ob ich ihr nicht Schinken aus der Kühlung reichen könnte.

Weil man die Haarfarbe ändert, wird man kein anderer Mensch. Man selbst weiß das ganz genau. Nur die Außenwelt hat damit ihre Schwierigkeiten.