Stimmen zur Wahl aus der Blogosphäre


Nachdem gestern abend lähmende Stille meinen Feedreader befiel, scheinen endlich ein paar Blogger die Schockstarre überstanden zu haben:

„Tja, dass dies ein Abend der guten Laune wird, damit hat wohl auch niemand gerechnet.“
(Fefe)

„Ich befürchte verlängerte AKW-Laufzeiten, eine neoliberale Vettern- und Wirtschaftspolitik, welche die Krise nur noch vergrößern wird, eine noch weiter auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich und den Ausbau des Überwachungsstaates.“
(Johnny Haeusler, Spreeblick)

„Ansonsten ist nun eine der möglichen Koalitionen des Schreckens an der Macht. Mal sehen, wieviel in vier Jahren von den noch verbliebenen Bürger- und Freiheitsrechten und vom Datenschutz noch übrig ist, während sich Lobbyisten und Banken über einen vergoldeten Enddarm freuen dürfen.“
(Dyfustifications)

„Deutschland war mir auch schonmal sympathischer.  Zum Beispiel vor dieser Bundestagswahl.“
(Gorgmorg)

„Ich hab geheult … als ich die Wahlergebnisse gesehen habe. Wirklich. Denn ich hab richtig Schiss vor dem, was jetzt kommt.“
(Lilienfeuer)

Dass die Autoren der Blogs, die ich bevorzugt lese, das Wahlergebnis mehrheitlich nicht gutheißen, liegt in der Natur der Sache, daher schlagen die Zitate die gleiche Richtung ein. Die zahlreichen professionellen Online-Medien habe ich bewußt vernachlässigt.

Schwarz-Gelb dient der Sache


Der erste Gedanke, der mir bei den Prognosen kam: Die Schafe haben ihre Schlachter gewählt. Das revidierte ich sofort: Die Schafe blieben ja zuhause.

Bei allem Elend, vier Jahre Schwarz-Gelb können für die Kämpfer der Freiheitsrechte und für die, die sich soziale Gerechtigkeit wünschen, nur gut sein. Denn sie werden Zulauf bekommen. Und politische Arbeit ist jetzt für jene, die voll Entsetzen in die Zukunft blicken, erste Pflicht! Es reicht schon, wenn man ein paar Nicht-Wähler überzeugen kann.

Letzte Entscheidungshilfe vor der Wahl


Heute gilt es. Auf zu den Urnen, liebe Leidensgenossen!

Wir dürfen diesmal zwischen Pest und Cholera wählen. Ich sehe daher nur drei Möglichkeiten:

1. Man entscheidet sich für die Pest und lebt die nächsten vier Jahre mit schwarzen, gelbeitrigen Beulen.

2. Man entscheidet sich für die Cholera und unterbricht das große Kotzen die nächsten vier Jahre nur, um seinen Durchfall zu pflegen.

3. Man entscheidet sich für Aspirin. Wirkt weder gegen Pest noch gegen Cholera, aber verringert wenigstens die Kopfschmerzen.

Nun ja, es gibt noch zwei weitere Möglichkeiten: Den Krankenschein durchstreichen, bunt verzieren oder vor den Augen der Wahlhelfer verbrennen/zerreißen/darauf urinieren. Oder man verschließt die Augen vor den Seuchen und verzichtet darauf, sich zu entscheiden. Schließlich sterben wir so oder so. Woran, ist dann auch schon egal. Wer so auf sein Leben und sein Wohlergehen scheißt, braucht dann aber nicht zu jammern, wenn die Beulen schmerzen oder der Magen blutet.

Piraten sollten Danke sagen!


Ich finde, die Piratenpartei sollte sich bei ihren zahlreichen Wahlhelfern bedanken, die den Siegeszug der Partei in den letzten Monaten erst ermöglicht haben. Denn, sind wir doch mal ehrlich. Noch im letzten Jahr hat keine Sau ein Wort über die Piraten verloren. Erst durch die ehrenamtlichen, unermüdlichen Einsatzkräfte, die mit Herzblut und höchster Anstrengung diese junge Partei in das Bewußtsein der Öffentlichkeit getragen haben, gewann die Piratenpartei zunehmend Sympathie, Anhänger und – wichtig (!) Mitglieder.

An vorderster Front sei genannt der an Leidenschaft und Engagement kaum zu übertreffende Wolfgang Schäuble. Unermüdliche hat sich der rollende Blitz für den Mitgliederzuwachs der Piratenpartei eingesetzt. Als Beispiel seien hier der Arbeitskreis Stasi 2.0 genannt, der zusätzlich zahlreiche Merchandisingartikel vertreibt sowie satirische Aktionen und Gesetzesentwürfe und -realisierungen, die das Volk an die Bedeutung ihrer Freiheitsrechte und die demokratische Grundordnung gemahnen sollen: Bundeswehreinsatz im Inneren, Vorratsdatenspeicherung, Internierungslager für Gefährder, um nur einige zu nennen. Uns Wolle, der subtile Störer, der faustische Pudelskern, der Wolfgang im Schäublepelz, ist einer der Grundpfeiler der Piratenpartei und eifrigster Aktivist in Sachen Politikunverdrossenheit.

Danke, Wolfgang Schäuble.

Nicht minder respektabel ist das Engagement der tapferen Mutter der Nation, unserer verehrten Familienministerin Ursula von der Leyen. Mit kühler Überlegenheit und vorausschauender Berechnung hat sie die Frauen dieser Republik aufgerüttelt, besonders die wertvollen und sonst schwer erreichbaren Akademikerinnen (nicht das Jacqueline-gebärende-Kroppzeug). Gehet hinaus und vermehret euch, hat sie sich auf die Fahnen geschrieben. Doch mit wem vermehrt sich die Akademikerin von heute? Genau! Mit Akademikern und viele von diesen sind Nerds, besonders die angehenden und vorallem die, die sich mit diesem frauenfremden Technikkram auseinandersetzen. In vollem Bewußtsein trieb unsere Ulla die weibliche Bevölkerung in die Arme solcher Männer, wohlwissend, dass Nerds selten kopulieren, da sie ja meistens im Netz rumhängen und somit weniger ihr Genmaterial, dafür aber ihr perfides Gedankengut in die Akademikerinnen von heute pflanzen. Besonderer Dank geht an dieser Stelle aber an ihren gnadenlos genialen Gesetzesentwurf zur Verschleierung von Straftaten. In mühsamer Kleinarbeit und zahlreichen Überstunden wurde ein Plan ausgearbeitet, der – wenn auch durchschaubar – so doch mit der klaren Intention geschaffen wurde, die  Netzaktivisten auf die Verletzlichkeit des freien Internets aufmerksam zu machen.

Frau von der Leyen, ohne Ihre Mithilfe gäbe es sicher tausende Sympathisanten der Piratenpartei weniger! Vielen Dank dafür!

Auch viele Mitarbeiter der herkömmlichen Medien sind an dieser Stelle zu nennen. Redakteure etwa, die durch absichtlich provokanten Dilettantismus die burgerverzehrenden Blogger, die iPhone-abhängigen Twitterer, die pizzaverschlingenden WoW-Spieler, mithin also die geschlechtsdebilen Internetaktivisten zu  hitzigen Diskussionen angeregt haben, Fernsehmoderatoren, die im gespielten Witz mit wunderbar satirischer Geistesgegenwart die unbekannten Phänomene der Neuzeit einem Publikum nahebringen wollte, das sich sonst nur für Kompressionsstrümpfe und Treppenlifte interessiert,  Journalisten, die Blitzaktionen mit ironischer Weisheit kommentierten, um sie fest im Bewußtsein der Bevölkerung zu verankern. Ihre subtile Mitarbeit bestärkte die Zielgruppe der Piratenpartei im politischen Engagement.

All diesen unermüdlichen Wahlhelfern ist bewußt, das noch ein langer Weg vor ihnen liegt. Aber im Laientum vereint, von der wilden Zerstörungswut der Grundfesten der Republik vorangetrieben, mit eitlem Spöttertum und radikaler Angst ausgestattet, werden sie auch in den nächsten vier Jahren alles daran setzen, die junge Piratenpartei in ihrem Aufstieg zu unterstützen.

Also, liebe Piraten, sagt mal schön Danke! Gehört sich so!

Ich habe keine Ahnung. Aber davon viel!


Ich gehöre nicht zu den unentschlossenen Wählern. Oder, besser gesagt: Ich gehöre EIGENTLICH nicht zu den unentschlossenen Wählern. Tendenziell bin ich definitiv auf der linken Seite angesiedelt. Früher bedeutete das noch SPD, heute verteile ich meine Stimmen auf das wirklich linke Spektrum.

Ob ich mit der Einschätzung meiner Meinung bzgl. Übereinstimmung mit den angepeilten Parteien  richtig liege, habe ich in den letzten Tagen getestet. Einmal mit dem Wahl-O-Mat und zusätzlich mit dem etwas umfangreicheren Tool Wen wählen. Überraschenderweise – also für mich überraschend – habe ich laut dieser Hilfestellungen eine große Übereinstimmung mit den Grünen. Und so habe ich mich mit dem grünen Direktkandidaten meines Wahlkreises ein wenig näher befasst. Da er schon MdB ist, konnte ich auch gleich sein Abstimmverhalten mit seinen Aussagen vergleichen. Immerhin hier muss ich zugegeben, dass sich durchweg Kongruenz zeigte und ich bin geneigt, ihm meine Erststimme zukommen zu lassen.

Wen wählen hat eine sehr schöne Übersicht über die Meinung eines Kandidaten zu einer Reihe von Thesen. Das sieht bei Manuel Sarrazin, so heißt der Direktkandidat der Grünen meines Wahlkreises, bspw. so aus (auf die Bilder klicken, um sie zu vergrößern):

sarrazin

Dabei folgen die Aussagen einem klaren Farbschema. Je knalliger die Farbe, umso deutlicher der Standpunkt, grau bedeutet weder ja noch nein. Auf einen Blick ist also ersichtlich, ob bzw. dass der Kandidat sich  Gedanken gemacht hat und vorallem mit einem deutlichen JA oder NEIN Stellung bezieht. Daneben kann er Fragen und Antworten kommentieren.

Schauen wir uns doch einmal das Farbschema des CDU-Kandidaten Wolfgang Müller-Kallweit an:

kallweit

Oder das seines Kollegen aus der FDP, Herrn Dr. Kurt Duwe:

duwe

Blass, unentschieden, bloß keine Aussage treffen, anhand der man den Kandidaten womöglich auf eine Meinung festnageln könnte, so könnte man denken. Übrigens habe ich nicht etwa die Kommentare Herrn Müller-Kallweits und Herrn Duwes beschnitten, die beiden hatten nur einfach nichts dazu zu sagen bzw. zu schreiben.

Nun, schauen wir uns doch einmal die tatsächliche Verteilung der Antworten auf die 56 Fragen an:

Parteizugehörigkeit Eher ja/nein Unentschieden Deutlich ja/nein
CDU 19 17 20
FDP 24 15 17
Grüne 13 2 41
Linke 5 3 48

Man könnte Schwarz und Gelb, bzw. den entsprechenden Kandidaten bescheinigen,sie seien einfach politisch versierter. Schließlich kommt man nicht weit, wenn man sich deutlich äußert. Nein? Man könnte auch sagen, dem politischen Gesindel, das seine Fahne bestenfalls im Sinne der Partei, in der Regel jedoch im Sinne der Lobbyisten in den Wind hängt und auf jede Frage mit einem Schlechtmachen des politischen Gegners antwortet – ohne auch nur einmal konkret selbst Stellung zu beziehen – diesem Gesindel fehlt zumindest der Arsch in der Hose, den bspw. Adenauer noch hatte („was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“).

Nun ist die kleine Aufstellung, die ich hier gemacht habe, sicherlich nicht repräsentativ. Aber doch exemplarisch. Und – selbst wenn die Seele so schwarz ist wie die Nacht  und das Herz so gelb wie die Fingernägel eines Tabakjunkies – WER bitte schön wählt denn einen Politker, der folgende Aussage trifft:

unentschieden

Getreu dem Motto: Ich habe keine Meinung dazu. Aber das Thema ist mir wichtig!