Und dann war Schluß im Urwald


Kann es sein, daß das Dschungelcamp vor dem Aus steht? Keine Skandale, keine großartigen Lästereien, schlafende, träge Campbewohner, Dschungelprüfungen im Vorbeigehen und ratlose Moderatoren.

Was ist passiert?

Schocken mit Ekel-, mit Trash-TV, das war das Konzept. Manipulieren, Vorführen, Entblößen die Methode. Vor drei, vier Jahren hat das gut geklappt. Damals war diese Art, Fernsehen zu machen, wieder ein Schritt nach unten, ein weiteres Herablassen in die Kloake der wertfreien Unterhaltung. Wieder wurde eine Schwelle, eine Grenze überschritten und etwas gezeigt, was es noch nie zuvor gab. Das IST ein Erfolgsrezept. War es immer. Nichts ist so verführerisch wie der (vermeintliche) Skandal.

Wir erinnern uns:

  • Eine nackte Frau (im Nachkriegsdeutschland) auf der Leinwand: 1951
  • Selbstverunstaltung: 1987
  • Ein Profi-Furzer im TV: 1997
  • Eine Live-Cam in Dusche und Toilette: 2000
  • Live-Sex im TV: 2000
  • Die erste Live-Geburt im TV: 2005
  • Live-Tod im TV: 2006

Alles Grenzüberschreitungen mit weitreichenden Folgen. Wurde bei Big Brother 1 noch diskutiert, ob man den Kandidaten nicht verbieten sollte, in den Container einzuziehen, hat man beim Dschungelcamp 1 noch laut über Manipulation und Darstellung diskutiert, kräht da heute kein Hahn mehr danach.

Der Zuschauer ist abgestumpft, der Kandidat gelangweilt. Kein Wunder also, daß die „prominenten“ Campbewohner und die weniger prominenten Containerinsassen keinen Hund mehr vor den Ofen locken können. Für beide Seiten gibt es keine Überraschungen mehr.

Und wieder wird es also etwas geben müssen, was den einschlafenden Zuschauer wachrüttelt. Noch mehr muß die Menschenwürde degradiert werden, damit man wieder hinsieht.

Anspruch wird aus dem Fernsehprogramm verbannt, zu anstrengend, zu denkintensiv. Konsumenten, die denken, wer will die schon? Der öffentlich-rechtliche Auftrag wird mit Volksmusik unterspült und von Thomas Gottschalk anzüglich weggekaspert und die privaten möchten Kohle sehen. Die Politik reibt sich die Hände angesichts der manipulierbaren hirnlosen Masse und Unternehmen erfreuen sich daran, daß der Plebs auch jeden Müll erwirbt, wenn man ihn nur zwischen Super-Bohlen und Unschlagbar-Raab werbewirksam plaziert.

Das Fernsehen ist tot. Es lebe das Fernsehen.

Veröffentlicht von

Katjalyse

Ich heiße Katja. Oder so ähnlich. Seit 2008 wohne ich in Hamburg. Ich blogge seit 2005, also schon ein paar Tage länger und unter verschiedenen Pseudonymen. Aktuell geht es (wieder einmal) hauptsächlich ums Abnehmen.

15 Gedanken zu „Und dann war Schluß im Urwald“

  1. dem stimme ich zu.

    Was wird wohl als nächste kommen? gab es schon mal eine live-darmspiegelung? ist das das richtige?

    lassen wir uns mal überraschen.

  2. Hi,
    super Artikel und wie mein Vorkommentator schon sagte, auf den Punkt gebracht.
    Stefan Raab hat mitlerweile ja sogar noch eine Show bekommen und der DSDS-Mist geht diese Woche auch wieder los. Wir bewegen uns eben immer mehr in Richtung des Films „Runnig Man“.

  3. @Reizzentrum: Danke schön.

    @Kuschelpunker: War das nicht die Stahnke, die das schon gemacht hat? Ich denke, es wird schwer, etwas noch primitiveres zu finden als das, was wir aktuell in der TV-Landschaft schon zu sehen bekommen.

    @Oli: Danke schön. Genau an Running Man musste ich auch denken. Der Weg bis dahin ist wirklich nicht mehr weit.

    @Jochen: Das ist auch so ein Ärgernis. Und viele tolle Filme fallen so gar nicht auf, weil man sie im Fernsehprogramm nicht findet. Das nervt mich ohne Ende.

    @tobi: Den Amis traue ich Running Man heute durchaus zu. Die haben ja genug Todeskandidaten.

  4. DIe heutige Zielgruppe solcher Sendungen, und das ist wirklich von der privaten Fernsehindustrie beabsichtigt, sind die Menschen, die genau solche Sendungen lächerlich finden, sie aber trotzdem zum Spaß anschauen. Bestes Beispiel ist DSDS. Wer kennt den nicht die Kumpels, die die ganze Zeit sagen: „Ich hasse DSDS, aber die Luschen am Anfang sind lustig.“

  5. @atomalitiy

    jetzt wo du es sagst.

    als nächstes dann die live-hinrichtung durch die guilliotine! dagegen is „running man“ doch ein witz oder?

  6. Oh ja: „Die Todeszelle“ statt Dschungelcamp. Jeden Tag dürfen die Zuschauer wählen, wer hingerichtet wird und wie. Und der Mörder/Vergewaltiger/Kinderschänder/Steuerbetrüger, der zum Schluß noch übrig ist wird begnadigt und erhält ne Million Euro Wiedereingliederungshilfe.

    Oder „The next Charles Manson“: Wer die meisten Leute dazu bringt Morde für einen zu begehen gewinnt…

    Mist, jetzt hab ich RTL kostenlos n neues Programmkonzept geliefert.

  7. @Lifecheater: Gut möglich. Wobei ich gerade bei Formaten wie Germany’s next top model, Popstars und DSDS eher an die Zielgruppe „Teenie-Mädchen“ denke (gut, bei Popstars auch an die Gruppe der Pädophilen).
    Diejenigen, die die Formate wirklich schrecklich finden, gucken das ein-, zweimal. Mehr geht nicht.

    @kuschelpunker: Es wundert mich wirklich, daß es die Hinrichtungsshow noch nicht gibt in Amiland. Gesponsert von Clearblu und Dr Pepper oder so. Muss aber viel Blut spritzen, damit das gut ankommt.

    @trommelschlumpf: Schnell! Urheberrechte sichern und im Falle einer solchen Show Plagiatsvorwürfe mit Schadensersatzforderung in Millionenhöhe erheben!!! Mönsch, das ist DIE Gelegenheit.

    Wobei… wahrscheinlich musst Du Dich hinten anstellen. Gibt in den Schubladen der Fernsehgesellschaften sicher schon dutzende Entwürfe für solche Sendungen… 😛

  8. Wo man doch über den Kuschelpunker so landet…

    Nabend`. Also was die Fernseh-Unterhaltung angeht, muss ich sagen, dass ich immer bis weit nach Mitternacht vor der Glotze gefesselt bin. Ich fange aber auch erst gegen 23 oder 0 Uhr an…dann kommen meist interessante Reportagen oder Magazine, während sich die Prollos bei DSF an den dargebotenen Titten ergötzen. Das ist doch was…
    In diesem Sinne

  9. …oder man nimmt die entsprechenden Sendungen auf. (Wenn man sich geschickter anstellt, als ich, könnte das sogar klappen…)

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