Sabotage bei The next Uri Geller?


Der Titel hört sich natürlich reißerisch an, aber so ganz abwegig ist die Mutmaßung nicht. Gestern abend gab es eine merkwürdige Panne in der Mentalistenshow.  Jan Rouven, der Power-, Gefahr- und Musicalmagier (letzerer Titel aufgrund der tänzelnden Theatralik von mir verliehen), patzte bei seiner Vorführung so sehr, daß Papa Uri den Auftritt nicht nur unterbrach, sondern sogar verbot.

Passieren sollte wohl folgendes:

Jan Rouven wird mit fixierten Seilen an einem Haken aufgehängt und hochgezogen. Unter ihm werden scharfe Schwerter, Messer, Lanzen drapiert. Um alles dramatischer zu machen, sollen die Seile brennen. Jan und der Assistenz bliebe also nicht viel Zeit zu reagieren.
Der Schalter für die rettende Heb-, Schwenk- und Senkvorrichtung befindet sich in einem verschlossenen, vergitterten Kasten. Neben diesem Kasten liegen in einer Schale 500 falsche und ein passender Schlüssel. Die Assistenz soll nun – dank Jans mentaler Übertragungspower – zum richtigen Schlüssel greifen, das Vorhängeschloss öffnen und Jan aus der Gefahrenzone bringen.

Soweit der Plan. Um zu beweisen, daß kein Schlüssel passt, sollte Zwangsassistentin Giulia wahllos drei Schlüssel aus der Schale nehmen und am Schloss testen. Staunen machte sich in ihrem, panische Versunderung in seinem Gesicht breit, als ALLE Schlüssel passten. Hmmm…

Jan ließ ein neues Schloss bringen und Giulia sollte noch einmal testen. Diesmal passte logischerweise KEINER mit Ausnahme des zum Schloss mitgelieferten Schlüssels. So soll es ja auch sein.

Doch da greift Uri ein und bricht die Vorführung ab. Es folgt eine kurze Diskussion und eine Beteuerung von Jan, daß es ganz sicher klappen werde.

Kurz darf er weitermachen, bis er dem Publikum die Sache mit dem Feuer und den spitzen Gegenständen erklärt. Da springt Uri auf und weist Jan von der Bühne. Zu gefährlich und er wolle kein Blut sehen.

Vielleicht diente das alles nur dazu, die Show wieder ins Gespräch zu bringen. Ist ja eine Live Show, da kann alles passieren! Sagt jedenfalls der Moderator und sagt Uri Geller. Wäre ja schon fast Amila abgesoffen *hüstel*. Da will man nicht noch einen Kandidaten in Lebensgefahr bringen…  *hüstel hüstel* . Eine geplante Panne also?

Glaube ich nicht. Habe ich auch bei Amila nicht geblaubt.

Wäre es  nicht wesentlich spannender, wenn ein Sabotageakt dahinter stecken würde? Wenn irgendein Mitkonkurrent z.B. Schloss oder Schlüssel präpariert hätte? Immerhin geht es bei The next Uri Geller um viel Geld (und zweifelhaften Ruhm). Ist Uri deshalb so ausgeflippt? Letztlich muß ihm doch klar sein – gerade ihm – daß hinter all dem Spektakel nur mehr oder weniger ausgefeilte Tricks stecken, die von Profis ausgeführt werden. Gefahr besteht zu keiner Zeit.

Oder ist gerade das vielleicht der Grund? Durch die Panne wurde der Schlüssel-Schloss-Trick nämlich ziemlich durchschaubar. Erfolgte der Abbruch also, um die Entlarvung mit ein bißchen Tamtam zu überspielen? Schließlich behauptet das Format ja, es träten echte Mentalisten auf, die irgendeine besondere, übernatürliche Fähigkeit besitzen. Daß das alles nur ein paar Zauberer sind, Illusionisten, die mit bodenständigen und handfesten Tricks arbeiten, wird verschwiegen. Passt nicht zum Geller-Image, passt nicht zur Sendung.

Der Sache mit dem Schlüssel-Schloss könnte so funktionieren:

Jeder Schlüssel passt in das Schloss (wie gesehen…). Am Schloss befindet sich ein kleiner Schalter. Ist er gedrückt, schiebt sich etwas in das Schloss. Die Folge ist, daß kein Schlüssel mehr passen kann. Nachdem „bewiesen“ wurde, daß kein Schlüssel das Schloss öffnet, wird noch einmal der Schalter betätigt und schon schließt wieder jeder Schlüssel.

Jan Rouven war gestern abend übrigens nicht der einzige Loser. Auch Waayatan war unkonzentriert und patzte zweimal. (Warum nur, warum nur… spekulier, spekulier…) Auch die anderen Teilnehmer konnten in meinen Augen nicht wirklich überzeugen. Gabriel und Daniel lieferten eine recht langweilige Show. So junge Kerle und so altbacken – das konnte nicht gut gehen. Mehr Action war in Jan Beckers Auftritt. Der Mann mit der üppigen Frisur beteiligte das Publikum und  hetzte Giulia über die Bühne. Die Herzumarmungsgeschichte war ganz nett und nach dem Auftritt wussten alle Zuschauer, wie man Giulia Siegel am besten kennenlernen kann. Und zwar über eBay.

Krasser Gegensatz natürlich Augenroller und Satansbeschwörer Ully Loup. Dieses Lippenbeben, diese düsteren Klamotten, diese gequetschte Stimme, die aufgerissenen Augen – lustig, aber Stimmung kommt nicht auf.  Der Typ ist mir viel zu theatralisch. Schlimmer als Jan Rouven. Einziger Pluspunkt: Herbeirufen der finsteren Mächte, um Promiwünschen zu erfüllen. Muhahaha. Das ist direkt sozialkritisch.

Wer war da noch? Ach ja. Der Manuel Horeth. Ich hätte den Auftritt gut gelungen gefunden, wären die Revolverhelden am Schluß nicht aufgetreten. Er hat sie nicht herbeigezaubert, sie wurden angekarrt. Und diese Tatsache nimmt dem Trick die Glaubwürdigkeit. Wie soll ich als Zuschauer denn glauben, die Promis hätten das hinter der Bühne, in Garderobe und Maske, nicht mitbekommen…

Am billigsten war Uri Gellers Taschenspielertrick. Mentalistenstufe 0,5 sozusagen. Er werde dem Publikum telepathisch ein Bild übermitteln: Er war in einer europäischen Großstadt und stand vor einem riesengroßen Bauwerk. Wie groß ist wohl die Wahrscheinlichkeit, daß es sich um das Atomium in Brüssel (kann doch kein Arsch zeichnen) oder um das Brandenburger Tor in Berlin handelt? Ganz richtig dachten also fast alle an Paris.

Und das war es dann auch. Überraschung.

Eierloses Dschungelcamp für Tunten


Daß man in einem Absatz nicht nur Falschinformationen, sondern auch Diskriminierung und Beleidigung unterbringen kann und solchen Müll öffentlich publizieren darf, kennen wir alle von diversen Boulevardblättchen. Es liegt in der Natur der Sache, daß diese Medien in Zeiten eines Dschungelcamps gierig auf den Zug in Richtung Unterhaltungskloake aufspringen.

Mittlerweile ist die Berichterstattung zum Dschungelcamp weit ekliger und menschenverachtender als die Sendung selbst. Känguruhhoden und Peniscocktail wirken gegen manchen Artikel wie Gourmetkost und im Vergleich zu Maike Jansen und Dirk Benninghoff hat das Moderatorenduo Dirk Bach und Sonja Zietlow nicht mehr Garstigkeitspotential als einst Marianne und Michael im „Lustigen Musikanten“.

Frau Maike Jansen schreibt für das Onlineportal der WELT eine tägliche Kolumne, Dirk Benninghoff ist als Schreiberling für Stern.de tätig.

Letzterer war sich gestern nicht zu schade, einen Artikel zu veröffentlichen, den man nicht mal mehr als grenzwertig bezeichnen kann. Für Herrn Benninghoff steht nämlich fest, daß der nächste Dschungelkönig eine Tunte sein wird. Denn wir Deutschen lieben Tunten. Ich frage mich, ob wohl noch extra eine Tunte in das Camp geflogen wird, denn im aktuellen befindet sich keine.

Das sieht Herr Benninghoff natürlich anders:

Sie kreischen, heulen, jaulen, stöhnen, jubeln und laufen selbst bei den profansten Dinge vor Emotionen über wie normale Menschen nicht bei der Geburt des ersten Kindes oder dem Gewinn der ersten Goldmedaille: Tunten, oder wie Wikipedia sie definiert „Schwule, die durch ein besonders affektiertes Verhalten auffallen“. Oftmals, so das Online-Lexikon, werde der Ausdruck mit Transe gleichgesetzt. So soll es auch diesmal geschehen, denn bekanntlich ist Lorielle London seit kurzem eine halbe Frau.
Quelle

Das ist nicht nur beleidigend, sondern stimmt auch hinten und vorne nicht. Lorielle London ist ein transexueller Mensch, also jemand, der sich im falschen Körper befindet, weil er sich eindeutig dem anderen Geschlecht zugehörig fühlt. Frau London ist insofern keine halbe Frau, sondern eine ganze. Daß die psychische Empfindung äußerlich noch nicht vollständig umgesetzt ist, ändert daran nichts.

Tunten, Schwule, Transsexuelle sind abgesehen davon normale Menschen und stehen zu diesen NICHT im Vergleich (“ wie normale Menschen nicht bei der Geburt des ersten Kindes“). Allein diese von Herrn Dillinghoff gebrauchte Formulierung ist schon unterste Schublade. Geht aber noch schlimmer:

Wikipedia setze Tunten mit Transen gleich, weshalb er das dann auch mal so macht. Wunderbar, Herr Dillinghoff, wenn man direkt zugibt, daß man die Intention hat, eine Beleidigung loszuwerden. Denn bei Wikipedia steht tatsächlich folgendes:

Oftmals wird dieser Ausdruck (fälschlicherweise) mit Transe gleichgesetzt, auch um es als Schimpfwort zu benutzen.
Quelle

Was beweist, daß man weder lesen noch schreiben können muß, um in irgendeiner Form journalistisch tätig zu sein.

Oder, anders gesagt, was Herr Dillinghoff da betreibt, das ist Enthüllungsjournalismus der besonderen Art: Man enthüllt die eigene Inkompetenz, die eigenen Vorurteile und Ressentiments und eine nicht gerade überragende Intellektualität.

Und dann war Schluß im Urwald


Kann es sein, daß das Dschungelcamp vor dem Aus steht? Keine Skandale, keine großartigen Lästereien, schlafende, träge Campbewohner, Dschungelprüfungen im Vorbeigehen und ratlose Moderatoren.

Was ist passiert?

Schocken mit Ekel-, mit Trash-TV, das war das Konzept. Manipulieren, Vorführen, Entblößen die Methode. Vor drei, vier Jahren hat das gut geklappt. Damals war diese Art, Fernsehen zu machen, wieder ein Schritt nach unten, ein weiteres Herablassen in die Kloake der wertfreien Unterhaltung. Wieder wurde eine Schwelle, eine Grenze überschritten und etwas gezeigt, was es noch nie zuvor gab. Das IST ein Erfolgsrezept. War es immer. Nichts ist so verführerisch wie der (vermeintliche) Skandal.

Wir erinnern uns:

  • Eine nackte Frau (im Nachkriegsdeutschland) auf der Leinwand: 1951
  • Selbstverunstaltung: 1987
  • Ein Profi-Furzer im TV: 1997
  • Eine Live-Cam in Dusche und Toilette: 2000
  • Live-Sex im TV: 2000
  • Die erste Live-Geburt im TV: 2005
  • Live-Tod im TV: 2006

Alles Grenzüberschreitungen mit weitreichenden Folgen. Wurde bei Big Brother 1 noch diskutiert, ob man den Kandidaten nicht verbieten sollte, in den Container einzuziehen, hat man beim Dschungelcamp 1 noch laut über Manipulation und Darstellung diskutiert, kräht da heute kein Hahn mehr danach.

Der Zuschauer ist abgestumpft, der Kandidat gelangweilt. Kein Wunder also, daß die „prominenten“ Campbewohner und die weniger prominenten Containerinsassen keinen Hund mehr vor den Ofen locken können. Für beide Seiten gibt es keine Überraschungen mehr.

Und wieder wird es also etwas geben müssen, was den einschlafenden Zuschauer wachrüttelt. Noch mehr muß die Menschenwürde degradiert werden, damit man wieder hinsieht.

Anspruch wird aus dem Fernsehprogramm verbannt, zu anstrengend, zu denkintensiv. Konsumenten, die denken, wer will die schon? Der öffentlich-rechtliche Auftrag wird mit Volksmusik unterspült und von Thomas Gottschalk anzüglich weggekaspert und die privaten möchten Kohle sehen. Die Politik reibt sich die Hände angesichts der manipulierbaren hirnlosen Masse und Unternehmen erfreuen sich daran, daß der Plebs auch jeden Müll erwirbt, wenn man ihn nur zwischen Super-Bohlen und Unschlagbar-Raab werbewirksam plaziert.

Das Fernsehen ist tot. Es lebe das Fernsehen.

Dschungelcamp ein Fake?


Der „Eklat bei der Fernsehpreisverleihung“, ausgelöst durch Marcel Reich-Ranicki, dürfte den Meisten noch bestens in Erinnerung sein. Der alte Mann kritisierte auf seine einmalige Art die TV-Landschaft und nahm davon nur Arte und 3Sat aus. Diese Kritik kann man abnicken.

„Er hat ja recht.“ sagten die einen. „Er hätte besser die Klappe gehalten.“ sagten die anderen. In jedem Fall sollte man sich fragen, inwiefern jemand eine Sache be(ver-)urteilen darf, von der er keine Ahnung hat.

Heute morgen las ich bei Tutsi über einen angeblichen Dschungelcamp-Fake und sah dazu einen Videoausschnitt der Sendung Frontal 21. Alles Schwindel, wird da suggeriert. Der Teich ist mit einer Plastikfolie ausgelegt, im angeblichen Urwald hängen Kameras und neben dem Camp gibt es eine Containerstadt.

Öh. Ja? Ich frage mich, ob die verantwortlichen Redakteure die Sendung jemals gesehen haben. Denn dann wüssten sie, daß das eine bekannte Angelegenheit ist, die RTL auch niemals verschleiert hat. Daß überall Kameras in eigens dafür geschaffenen Boxen stehen, dürfte ohnehin keinen überraschen (ansonsten hätte wohl Uri Geller seine Finger im Spiel…). Und auch eine Containeranlage ist doch nicht verwunderlich? Oder wird Dr. Bob bei jedem Fingerschnitt eingeflogen? Werden die Sterne, das Dschungelprüfungsequipment, die Nahrungs- und Verbrauchsmittel, die Kameras und die Wachturm-Deko sowie das Ekelviehzeugs jedesmal aufwendig herbeigeschafft? Auweia, wie naiv ist man denn mittlerweile bei den Öffentlich-Rechtlichen?

Das Camp ist selbstverständlich eine künstliche Anlage, und das wurde von RTL schon VOR dem allerersten Dschungelcamp gezeigt.

Die „Wir-sind-zu-fein-darüber-zu-berichten“ – Öffentlich-Rechtlichen wollten nach eigener Aussage ja eigentlich gar nichts über das Igitt-Format erzählen, wäre ja auch Werbung.

Ja, was will man denn dann?

Naja, sich abheben von dem privaten Sumpf. Und das klappt natürlich am besten, indem man sensationslüsternd auf Enthüllungsjournalismus macht. Hätte man es doch lieber gelassen. Der Bericht hat nicht mehr Niveau als sämtliche Dschungelprüfungen zusammen. Man fühlt sich in den Kindergarten zurückversetzt: „Der Hannes hat einen neuen Pulli, den alle toll finden. Aber, pöh, der Hannes stinkt!“

Das Schlimmste daran ist, daß die Diskussion um Schmerzgrenzen, Senderverantwortung, Menschenwürde oder Qualitätsfernsehen überhaupt nicht mehr geführt wird. Warum gibt es keine Berichte, die die Manipulation der Macher an den Bewohnern des Dschungelcamps vorführt? Oder ist dort niemandem aufgefallen, daß der Fokus erst auf der so dargestellten hysterischen Lorielle, dann auf der pösen, pösen Zicke Giulia und dann auf Schnarchnase Bond lag? Und hui, Überraschung, genau diese wurden in die jeweilige Dschungelprüfung gewählt…

Es gibt dutzende Ansätze, über dieses TV-Format herzufallen, es zu zerpflücken und dessen Widerwärtigkeit bloßzustellen. Aber nicht, indem man in die gleiche Kerbe schlägt.