Funny Fannie, freaky Fred


Wir haben aktuell so viele Bewerber auf unsere Studienplätze, dass wir (leider) keine individuellen Bewerbungsgespräche mehr anbieten können, sondern ein Assessment-Center durchführen. Wir, das ist mein Arbeitgeber, nämlich eine private Hochschulinstitution. Somit können wir uns die Studierenden (fast) nach Belieben aussuchen.

Für den Allgemeinbildungstest im Rahmen des Assessment-Centers hatten wir einen Fragenkatalog zur Verfügung, aus dem wir einige Fragen ausgewählt haben, die wir für angehende Studenten angemessen hielten. Fragen, wie z.B. „Wer schrieb die Buddenbrooks?“. Das gehört unserer Meinung nach ebenso zum Allgemeinwissen eines Abiturienten wie das Datum der Verkündung des Grundgesetzes. Alle Fragen haben übrigens mehrere Antwortmöglichkeiten zur Auswahl. Es reicht somit passives Wissen und manchmal auch einfach nur ein wenig Kombinationsgabe.

Da die überwiegende Mehrheit der Bewerber ein BWL-Studium anstrebt, der Rest ein immerhin BWL-lastiges Wirtschaftsinformatikstudium aufnehmen möchte, haben wir auch einen kleinen Teilkomplex mit wirtschaftsorientierten Fragen.

Eine Frage, die wir mittlerweile gestrichen haben, lautete: Wer oder was sind Fannie Mae und Freddie Mac? Ich hatte diese Frage ausgewählt, weil die Namen dieser Hypothekenbanken meines Empfindens nach durch die Presse geisterten und generell in den Medien ständig präsent waren, als die ganze Welt von einer Wirtschaftskrise erfasst war.

Ich dachte, voller Naivität, wenn jemand ein wirtschaftswissenschaftliches Studium anpeilt, müsste er zumindest ein kleinwenig Interesse dafür hegen und vielleicht auch mal in den Wirtschaftsteil einer Zeitung geschaut haben.

Als ich begann, Jura zu studieren, da war der O.J.Simpson-Fall unglaublich populär, auch in Deutschland. Und alle um mich herum, alle Komilitonen jedenfalls, verfolgten die diesbezügliche Presse (Internet gab es noch nicht in der heutigen Form). Das tat man. Einfach aus Interesse heraus. Aus Passion, wenn man so möchte.

Natürlich waren nicht alle voller Leidenschaft oder Enthusiasmus. Es gibt selbstverständlich immer einen Prozentteil, der wird z.B. von den Eltern gezwungen oder fühlt sich verpflichtet, der strebt eine polititsche Karriere an, für die ein Jurastudium förderlich ist (und umgekehrt) oder möchte einfach nur irgendwann einmal einen bestimmten Status erreichen.

Ich dachte damals schon und bin heute mehr denn je dieser Überzeugung, dass ein Studium an sich eine gewisse Neugier am Zusammenhang der Dinge, an der Erforschung und eine Lust am Hinterfragen mit sich bringen sollte. Wenn ich „nur“ etwas (auswendig) lernen will, wäre da eine Ausbildung nicht die bessere Wahl?

Mit meiner Auswahl der Fannie Mae und Freddie Mac Frage lag ich jedenfalls völlig daneben und musste Kritik meiner Kollegen und Kolleginnen einstecken. Die hatten davon nämlich (auch) noch nie gehört. Ich kann das sogar nachvollziehen, da sie in der medialen Steinzeit leben. Wer bestenfalls mal einen Blick in die Mopo riskiert, ansonsten aber alles vermeidet, was womöglich einen Informationsgehalt haben könnte, der kann natürlich nur uninformiert durch die Welt laufen.

Aber trifft das auf die angehenden Studenten auch zu? Sind sie nicht die Hauptkonsumenten des digitalen Zeitalters?

Eine meiner Kolleginnen fragte schließlich unsere BWL-Professorin. Ihre Antwort war verblüffend: Es handle sich wahrscheinlich um die Gründer des Christopher Street Days (eine Antwort aus der vorgegebenen Auswahl).

Da fiel ich fast vom Glauben ab.

Messe-Spaß


Dieses Jahr habe ich mehrere Messen „gewonnen“. Mein Arbeitgeber ist nämlich der durchaus richtigen Auffassung, dass Messepräsenz zu mehr Bewerbungen an unserer Hochschule führt. Wir sind also als Aussteller präsent und ich als Studienberaterin (und mittlerweile sogar Dozentin) darf die zukünftige Führungselite (hust)  kompetent beraten.

Einige Messeerfahrung habe ich nun schon gesammelt. Mittlerweile war ich wohl auf dutzenden und kennne alle Messesymptome und Messenachwirkungen. Schmerzende Füsse, heisere Stimme, Papagei-Syndrom, Lächelstarre usw.

Zusätzlich ist mir aufgefallen, dass es interessanterweise auf jeder Messe die gleichen nervtötenden Messetypen gibt, also die Besucher, die einen zur Weißglut treiben, zu denen man aber trotzdem nett sein muss:

Grabbler und Grabblerin

Einziger Zweck des Messebesuchs: So viele Messegoodies einsacken, wie nur möglich.
Meist preschen sie aus einem Besucherpulk hervor und grabschen zielsicher nach einem Kugelschreiber, Süßigkeiten oder sonstigem. Mit ihrer Beute gehen sie ein paar Schritte weiter, bleiben stehen und blicken dann verstohlen über die Schulter zum Standpersonal. Manche gucken schnell weg, wenn man den Blick erwidert, manche erklären mit trotzigem Selbstbewußtsein „ich darf doch“.

Der Seelenverkäufer

Verkauft für einen popeligen 30-Cent-Kuli seine Seele. Da er noch einen Restanstand besitzt, grabscht er nicht einfach danach, sondern tut erstmal so, als hätte er Interesse an der Dientsleistung, die man anbietet. Meist greift er nach einem Prospekt („ich schau nur“), den er aufblättert, während seine Augen zu den hübschen Schlüsselbändchen oder Feuerzeugen wandern. Manchmal stellt er trotz kompletten Desinteresse auch Fragen („und was machen Sie so?“). Wenn er das Gefühl hat, seine Schuldigkeit getan zu haben, nimmt er freudig sein Geschenk in Empfang und verschwindet zügig zum nächsten Stand.

Der Lebensgeschichtenerzähler

Meist ältere Männer, denen die Einsamkeit ins Gesicht geschrieben steht. Wandern von Stand zu Stand, beginnen mit angeblich interessierten Fragen, deren Beantwortung sie gar nicht abwarten und ergreifen jede Gelegenheit, um eine Anekdote aus ihrem langen Leben zu erzählen.

Der Besserwisser

Der Besserwisser besucht Messen nur deshalb, um sein verkümmertes Selbstwertgefühl zu steigern. Er spricht ausschließlich weibliches Messepersonal an und ignoriert jeden Einwand. Er hört nur sich gerne reden. Dabei weiß er alles besser als das Standpersonal. Die freundliche Dame am Stand ist BWL-Professorin? Der Besserwisser erklärt ihr gerne deren Fachgebiet, damit sie noch etwas dazulernen kann.

Eltern

a. Die, die ihren Nachwuchs zum sorglosen Entwenden von Süßigkeiten ohne Anstand und Höflichkeit erzogen haben. Schicken ihre kleinen professionellen Grabbler zum Goodies-Klauen. Manch einer verschiebt die Erziehungsgewalt auf das Standpersonal: „Da wird der nette Herr aber gleich mit dir schimpfen, Lea-Sophie!“
b. Vater oder eine Mutter, die in Anwesenheit ihres fast erwachsenen Kindes Fragen zu dessen Zukunft stellen ohne das Kind zu Wort kommen zu lassen.

Jugendliche

a. männliche, pickelige Justin-Bieber-Klone, denen der Mund bis auf einem Fastfood-Einzugsschlitz zugewachsen ist. Beginnen bei direkter Ansprache zu nuscheln und werden rot.
b. weibliche, stehen auf Modestudiengänge, die sie für hip halten und mit denen sie bestimmte Vorstellungen verbinden (meist aus Dokusoaps). Häufig fragwürdiges Äußeres für eine Studienmesse (Ausschnitt – bauchfrei – Slip sichtbar oder abwesend – Highheels).

Hochbegabte

Halten sich jedenfalls dafür, bleiben den Nachweis allerdings schuldig. „Ich bin in Mathe hochbegabt, sieht man ja an meinen Noten, überall Fünfen!“ (Aufgrund von Unterforderung selbstverständlich!)

Ignorierer

Beäugen den Messestand intensiv, schlagen jeden Prospekt auf, erklären den Inhalt (häufig völlig falsch) der Begleitperson. Für Korrektur oder gar Beratung überhaupt nicht zu haben. Blicken durch einen hindurch oder werfen einen Blick auf das Messepersonal, den man sonst nur Schleimpfützen, Riesenspinnen, Fäkalien oder sonstigem Ekelzeugs widmet.

Messeveranstalter

Flitzen über die Messe, halten kurz an um die Hand zu schütteln und zu erklären, wie supidupitoll die Messe doch sei. Kennen einen meist schon, weshalb man auch vor Umarmungen und Küsschen nicht zwangsläufig sicher sein kann.

Aussteller

a. männlich, tragen Anzüge, stehen meist wichtig in der Gegend rum, während das weibliche Standpersonal Theken zusammenschraubt und tonnenschwere Kartons mit Flyern zum Stand schleppt
b. weiblich: sofern attraktiv, mit hohen Schuhen und kurzen Röckchen. Haben keinen blassen Schimmer vom Produkt, sind für die Messe gebucht und müssen nur gut aussehen.

Dummvolk

Beweisen, dass der Spruch „Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten“ von jemanden stammen muss, der ausschließlich in hochintellektuellen Kreisen verkehrt. Reizen einen stets zum lauten Losprusten, das man sich allerdings mit höchster Selbstdisziplin aus Gründen der Höflichkeit verkneift. (Daher übrigens der Post-Messe-Nacken-Muskelkater!) Dummvolk ist sich der eigenen Dummheit nicht bewußt, weshalb man schlimmstenfalls in eine Endlosschleife aus dummen Fragen gerät, aus der man nur mühsam wieder aussteigen kann.

Und schließlich: Igors

Aus Gottes schlechter Laune heraus geschaffen und von der Natur mit optischer Vielfalt bedacht. Humpeln sabbernd und stinkend über die Messe, meist ziellos, grunzen vor sich hin, grabbeln aber niemals! Möglicherweise erwachsene Hochbegabte (siehe ebenda).

Frauen reden viel und Männer fragen nie nach dem Weg


Aktuell führe ich eine Reihe von Bewerbungsgesprächen. Nicht, weil ich mich beruflich neu orientieren möchte, sondern weil es zum Aufgabenbereich meiner jetzigen Arbeitsstelle gehört.

Genauer gesagt wähle ich StudentInnen für ein duales Studium an unserem Studienort aus.

Nur so am Rande bemerkt: Es ist unfassbar, was für grauenerregend schlechte Bewerbungen wir erhalten. Und nicht etwa gemessen an den Noten!

Bewerbungsfotos, die in der S-Bahn schnell mit dem iPhone geknipst wurden, Anschreiben, die aus einer Zeile bestehen, als Adressat die Konkurrenz nennen oder schon erkennen lassen, dass völlig verkannt wird, was unter einem dualen Studium zu verstehen ist, Bewerbungen, die sich pauschal auf alle offenen Stellen bewerben und dann eine Antwort auf ihre E-Mail-Adresse „maria-huana666@…“ oder „hotrussiangirl@…“ erwarten. Es ist streckenweise zum Heulen.

Tatsächlich sind wir aber noch gnädig, da wir wissen, dass man das Bewerbungen Schreiben in der Schule nicht lernt. Wir erwarten natürlich in gewisser Weise schon, dass sich ein etwa 20-jähriger Mensch mit Abitur ggf. mal im Internet schlau macht, aber auch dann kann ja noch viel – seeehr viel – schief gehen. Meine Erfahrung ist denn auch, dass die überwiegende Mehrheit total erleichtert ist, wenn ich mit ihnen die Bewerbung Schritt für Schritt durchgehe und ihnen die Fehler verdeutliche.

Die Bewerbungsgespräche führen wir gruppenweise durch, ungefähr drei bis sechs Personen pro Gespräch. Im Anschluss daran gibt es noch auf Wunsch Einzelgespräche. Dass sich das zeitlich sehr ausdehnen kann, ist normal.

Ich will keine Klischees bedienen, aber tatsächlich ist es so, dass in Gruppen, die nur aus männlichen Kandidaten bestehen, das Gespräch nach max. eineinhalb Stunden beendet ist (inkl. Einzelgesprächen).

Reine Frauengruppen brauchen immer deutlich länger.

Und noch etwas ist mir aufgefallen: Wir servieren zu den Gesprächen Getränke und Süßigkeiten. In gemischten Gruppen bleiben die Süßigkeiten immer unangetastet. In reinen Frauengruppen ist der Teller am Ende des Gesprächs fast leergeräumt.

Oberflächlich betrachtet könnte man also meinen, Frauen reden typischerweise mehr als Männer. Dass das nicht richtig ist, setzt sich nicht wirklich durch. Zu schön und einfach ist das Vorurteil.

Ich denke, der Grund für die unterschiedliche Dauer ist ein anderer. In reinen Männergruppen trauen sich die Bewerber oft nicht, Fragen zu stellen. Sie haken nicht nach und sie beziehen vieles, was man ihnen vorträgt, nicht auf sich, sondern sehen es abstrakt. Frauen dagegen werden in Frauengruppen persönlicher, haben keine Scheu, ihre eigene Situation darzulegen und Probleme zu erörtern.

Gemischte Gruppen sind mMn für männliche Bewerber vorteilhafter. Sie fragen mehr und sind insgesamt kommunikativer. Bei den Frauen gibt es auf den ersten Blick keinen wesentlichen Unterschied.

Außer, dass sie sich ohne männliche Begutachtung hemmungslos mit Süßkram vollstopfen können. 😉

Verlorene Generation II


Ich frage mich, seit wann es eigentlich schick ist, dumm zu sein. Wer ist dafür verantwortlich, dass Menschen bejubelt werden, deren intellektuelle Leistung darin gipfelt, dass sie den aufrechten Gang beherrschen und ihre Grundbedürfnisse artikulieren können? Wer macht diejenigen zu Ikonen, deren Bildungsgrad so gerade eben über die Bordsteinkante reicht?

Wie kann es sein, dass man jemanden dafür bewundert, dass er noch nie ein Buch gelesen hat? Wie kann es sein, dass man geistigen Hohlkörpern zunickt, die keinen Sinn für Kunst und Kultur haben? Wieso bewundert man Menschen, die zwar kommerziell erfolgreich sind, aber nur Müll produzieren und keine bleibenden Werte hinterlassen können?

Manchmal glaube ich, begonnen hat alles mit Zlatko, an dessen Talentfreiheit man sich zu Beginn des Jahrtausends ergötzt hat. Doch eigentlich war dieses Emporheben eines stolzen Nichtskönners nur die öffentliche Aufarbeitung eines seit langem bestehenden Tenors.

Schuld sind wir. Schuld ist meine Generation. Wir Kohlkinder sind aufgewachsen mit dem Bewußtsein, wir seien die Größten. Wir könnten alles erreichen, wenn wir nur die finanziellen Mittel zur Verfügung hätten. Materialismus ist unser einziger Wert. Konsumgier und Leistung sind unsere Götzen, denen wir nur zu gerne Dienst erweisen. In der Schulzeit fanden wir es großartig, am Börsenspiel teilzunehmen, wir kamen mit Aktenköfferchen und Schlips und profilierten uns in den Fächern, die am gewinnbringendsten erschienen. Effizienz und Leistung waren wichtiger als Verantwortung und Tugend.

Mit 20 peilten wir die erste Million an, forderten sie wie selbstverständlich ein. Wir studierten BWL und Jura, doch nicht aus interesse, sondern nur im Hinblick auf den Status und die finanziellen Möglichkeiten. Wir wollten nicht Feuerwehrmann, Tierärztin oder gar Astronaut werden. Wir träumten von einer Banklehre oder einer Zukunft als Versicherungsmakler. Nie zuvor und nie danach waren Hippie oder Öko so schlimme Schimpfworte wie zu meiner Schulzeit. Heute belächeln wir die Weltverbesserer und betiteln sie mit Gutmensch, als sei es etwas verwerfliches, ein guter Mensch zu sein.

Versager haben in unserer verqueren Werteordnung nichts zu suchen. Armut ist für uns sehr wohl eine Schande. Wir halten Hartz-IV und Arbeitslosigkeit, solange wir nicht davon betroffen sind, für eine Krankheit der Faulen. Denn unsere Wirtschaftsgötter sind gut und speisen die, die ihnen wohlgefällig untertan sind.

Wohlfahrt, Mitleid, Solidarität sind Schimpfworte in unserem Vokabular. Wir sehen nicht ein, weshalb Hilfsbedürftige unterstützt werden sollten. Wir sehen nicht ein, weshalb Bildung im Sinne von Schule und Studium kostenlose Geschenke sein sollen, noch dazu wenn sie so nutzloses wie Literaturwissenschaftler oder Theologen hervorbringt.

Ein bißchen böse zu sein, das fanden wir erstrebenswert. Tricksen und betrügen oder gar den Klageweg beschreiten, das waren unsere Mittel auf dem Weg zum Erfolg. Die Finanzkrise, das waren wir. Denn wir sind die Gierigen.

Liebe ist für uns ein Geschäft, das niemals auf Dauer ausgelegt ist. Wir scheuen die Bindung, denn sie brächte Verantwortung mit sich und Verantwortung ist das einzig Böse in unserem Weltbild. Wenn wir Kinder bekommen, dann spät und auch  nur, weil es eben dazugehört. Wir lassen sie vor der Glotze geistig verwahrlosen, wir schreiben Bücher für sie, die eine düstere und traurige Welt beschwören. Wir wundern uns nicht darüber, dass ihre Idole seelenlose Blutsauger oder zusammengeflickte Kreaturen sind, deren einzige Bestimmung es ist, die Kopulationslust zu steigern. Selbst Frankenstein hätte sich nicht an solche Experimente gewagt.

Wir denken wieder in Stereotypen. Unsere Mädchen sind hirnlose rosa Prinzessinnen, deren Lebensziel neben gutem Aussehen die Maximierung ihrer Schuhpaare sein soll, während wir aus den Jungs wilde Kerle machen, dann aber nicht mit ihrer Wildheit umzugehen wissen. Wir wundern uns darüber, dass unsere Kinder saufen, sich und andere zu Tode prügeln oder Amok laufen.

Wir überhäufen sie mit Dingen. Denn Dinge sind gut. Sie bringen Status und Bedeutsamkeit in ein Leben voller Leere und Selbstzweifel. Wir selbst waren die erste Generation, die zum Abitur, zum bestandenen Führerschein wie selbstverständlich ein Auto zur Benutzung vorfanden. Und unserers hatte keine Schiebetür und war sicherlich nicht bunt bemalt.

Unsere Rebellion war der Konformismus, der Materialismus, den wir uns als Individualismus schön redeten. Und nie zuvor waren wir so weit entfernt davon. Schon in der Schule trugen wir Uniformen. Doch unsere hatten Markenlabel.

Wir wollten die Welt nicht verändern und haben es doch so nachhaltig getan. Wir wollten die Welt nicht verbessern. Das ist uns allerdings sehr gut gelungen.

Die außergesellschaftliche Verortung von Einsamkeit


Oder so ähnlich. Manche Sätze muß man ja zwei-, dreimal lesen, bevor man ansatzweise versteht, was gemeint sein könnte. Besonders in wissenschaftlicher Literatur findet man häufig Konstrukte, manche sogar seitenlang, deren Sinn man einfach nicht entschlüsseln kann.

Mein ehemaliger Professor für Arbeitsrecht sagte einmal, wer sich nicht klar ausdrücken könne, der verwende möglichst viele Fremdworte. Ein paar hielten sich daran und erhielten Punktabzug. Muhahaha. (Geschadet hat es aber nicht. Sind heute sicherlich alle Anwälte und Richter.)

Eine nützliche Empfehlung gab uns auch ein Strafrechtsprofessor mit auf den Weg: „Schreiben Sie so klar und verständlich, daß es auch der lezte Depp verstehen kann. Immerhin haben Sie es zukünftig bevorzugt mit Juristen zu tun.“

Das hat dieser Journalist/Autor wohl versäumt:

„Bei Politikern, so scheint es, ist die Behauptung von Einsamkeit die letztmögliche Form eines heroischen Habitus. Der beständigen öffentlichen Kritik ausgesetzt, entzieht sich der Politiker ihr mit der Suggestion einer einsamen Charaktertiefe, die nur außerhalb der Gesellschaft zu verorten sei.“ (Quelle)