Der Onlineshop der Katastrophen


Der Sommer locht zur Zeit ja gewaltig. Das merkt man an aufgebauschten Sommerlochmeldungen (Dienstwagen in Urlaub mitgenommen), Meldungen über das Sommerloch selbst (Wir stecken im Sommerloch), peinliche Selbstzerfleischungen bzgl. des Sommerlochs (Wir plaudern lustig Interna aus), Zeitungsenten (Nachtsichtgeräte ab jetzt zur Überwachung in Kinos) und ausführliche Berichte über das Wetter – inkl. Interviews und Promisenf (Blabliblub…).

Alles laangweilig!

Dabei geht es doch so einfach, das Sommerloch mit sensationslüsternden, dramatischen, ja schockierenden Bildern effektvoll zu stopfen! Wenn großartige Katastrophen ausbleiben, warum dann nicht einfach welche kaufen?

Was sich für das mediale Ohr wie ein dreifacher Doppelorgasmus anhört, ist genau das! Nämlich ein dreifacher Doppelorgasmus – mit Martinshorn und Leiche! Mindestens!

Natürlich fragt sich die geplagte TV-Redaktion, was sie für ihr Geld geboten bekommt. Man will ja nicht die Katze im Sack kaufen (wobei auch das sicher verwurstet werden könnte, also die Meldung, nicht die Katze). Und deshalb bietet der Online-Shop der Katastrophen auch detaillierte Artikelbeschreibungen. So weiß Katja Burkard schon im Voraus, wo sie betroffen gucken muss! Fantastisch!

Schauen wir doch mal, was gerade so im Angebot ist…

Mann rennt an Hamburger Bar vorbei und sticht Besucher ab – Lebensgefahr

Im Video zu sehen (u.a.):

  • Totale der Bar, Stuhl vor dem Gebäude
  • Opfer wird in Rettungswagen versorgt
  • Abfahrt Rettungswagen, Notarzt
  • Polizei bei Ermittlungen am Tatort, Beamte schauen in Mülleimer
  • Beamte besprechen sich
    (via Nonstopnews.de)

Gut macht sich auch ein dramatischer, tödlicher Unfall. Könnte man gleich mit einem immer aktuellen Thema kombinieren: dem jugendlichen Leichtsinn!

Im Video gibt es (u.a.):

  • Polizei und Bestatter vor Ort
  • Blick in aufgerissene Fahrgastzelle
  • Abgerissenes Vorderrad auf Fahrbahn
  • Person wird in Leichenwagen geschoben
  • Abfahrt Leichenwagen
  • Polizei sperrt Straße ab
    (via Nonstopnews.de)

Und demnächst im Sommerschlussverkauf:

Auto kollidiert mit Schwein, Fahrer und Schwein schwer verletzt!

(Rettungshubschrauber landet, Schwein wird vor Ort medizinisch versorgt, Sprecher der WHO warnt vor unbekannten Auswirkungen der Schweinegrippe, O-Ton Schweinebauer Karl-Heinz Övelmann: Plötzlich ist sie ausgebrochen, Totale von Metzgerei Bückele, leere Plastiktüte am Boden, Schweinequieken, Polizisten besprechen Einsatzplan, essen dabei Mettbrötchen)

Es gibt eben nichts, was es nicht gibt. Und alles davon hier.

Nachrichten, wie sie sein sollen


Sind wir doch mal ehrlich. Ständig Krieg, Kindesmißhandlung, gebrochene Politikerversprechen, Finanzkrise und Börsentiefflug – das deprimiert auf Dauer. Dummheit und Unwissen kann dagegen wunderbar glücklich machen. Und deshalb begrüße ich die Entscheidung der Pro7-Nachrichtenredaktion außerordentlich, fortan auf Meldungen, die uns aufregen, informieren oder zum Nachdenken anregen können, zu verzichten.

Wunderbar also die heutige 18 Uhr Newstime:

  • Irgendeine Feuerwehr irgendwo in Deutschland ist zum zweiten Mal in 15 Jahren abgebrannt. Kommentar eines Feuerwehrmanns: „Wir sind verflucht.“
  • Obama hat in einem Diner gegessen und hatte eine Zwiebel an der Lippe kleben. Er bat außerdem um geriebenen Käse.
  • Aus irgendwelchen Gründen gibt es viele Haie und die greifen Menschen an.
  • Prinz Harry hat auf einem uralten Video seine Kumpels ziemlich politisch unkorrekt beschimpft und sich über Omi lustig gemacht. Kommentar von irgendjemanden dazu: „Der Prinz reißt tiefe Gräben in unser Land.“
  • Skifahren: Irgendjemand hat irgendwas gewonnen.
  • Und zuletzt noch ein bißchen Eigenwerbung für Pro7, schön verpackt in eine Meldung: Irgendwo werden die Golden Globes vergeben. Pro7 wird das Spektakel übertragen.

Wunderbar! Nachrichten, wie sie sein sollen. Und man muß sie sich nicht mit Coke Zero schön trinken. Obwohl die Produktbezeichnung doch durchaus passend wäre.