Die Geilheit treibt’s rein


Appetit darf man sich außerhalb holen, gegessen wird zuhause.

Ich hasse diesen Spruch. Adressat ist immer der Partner, der ihn als Rechtfertigung für das Ansabbern einer anderen, begehrlichen Person zu hören bekommt.

Man stelle sich mal folgendes vor: Man fläzt auf der Couch und zappt sich durch’s TV-Programm. Sei es Fernsehwerbung, eine Kochshow oder das Promidinner, irgendetwas leckeres wird optisch ansprechend serviert und es läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Plötzlich hat man sowas von Lust auf ein Balisto, Maggi Holzfällerschnitzel oder auf Seeteufel in Estragonsauce an glasierten Limonenkartoffeln (Geschmäcker und Gelüste variieren ja).

Jetzt läuft man gierig zum Kühl-/Küchenschrank, den Geschmack von Balisto, Maggi Holzfällerschnitzel oder Seeteufel in Estragonsauce an glasierten Limonenkartoffeln schon auf der Zunge und was findet man: Aldivollkornbrot und ein paar angetrocknete Käsescheiben. Aber die Gier ist schon so groß, was soll’s, der Hunger treibt’s rein.

Nichts anderes bedeutet der Rechtfertigungsspruch der Titten- und Schwanzglotzer. Man sieht etwas Leckeres, kommt dann nach Hause, findet nur den alten Partner vor, aber die Lust ist schon so groß, was soll’s, die Geilheit treibts rein (buchstäblich…).

Dem Spruch hängt, wenn man mal darüber nachdenkt, etwas Frustriertes, Entäuschtes und Unzufriedenes an. Und auch etwas Beleidigendes für den Partner.

Ich würde mich vermutlich eher von meinem Freund trennen, als daß ich mir Appetitanreger in der S-Bahn (wääh), auf der Straße (fragt sich, wo), in der Kneipe (vermutlich schön gesoffen) oder in der Glotze (Hauptsache digital nachbearbeitet) suchen möchte. Mal ganz abgesehen davon, daß ich sehr zu schätzen weiß, was ich täglich genießen kann.

Und Seeteufel in Estragonsauce an glasierten Limonenkartoffeln wird übrigens eklatant überbewertet.