Eine Sängerin oder Schauspielerin, den Namen habe ich vergessen, sagte einmal, sie habe sich für einen Abend die Haare blondiert, wäre dann ausgegangen und hätte nie zuvor und danach so viel Spaß gehabt.
Blondinen leben eben anders. Blondinen haben es leichter. Blondinen werden bevorzugt.
Sie werden häufiger angelächelt, erscheinen harm- und hilfloser, werden netter eingeschätzt und gelten als sexy. Im Supermarkt stellen sich mehr Männer bei Blondinen an, Nachrichtensprecherinnen und Moderatorinnen sind mehrheitlich blond und la bella bionda Marilyn wäre als Brünette eben Frau Baker geblieben. Das Leben als Blondine ist einfacher und erfolgreicher.
Ich weiß es. Denn ich war 10 Jahre blond. Der Unterschied in der Behandlung durch meine Mitmenschen fiel mir umso deutlicher auf, da ich direkt vor der Erbleichung rabenschwarzes Haar hatte (auch gefärbt). Am Tag nach der Blondierung, ich half einer Freundin beim Umzug, kam der erste Mann auf mich zu und fragte, ob er mir beim Tragen helfen könne. Fahrzeuge hielten – selbst in Frankreich – wenn ich die Straße überqueren wollte. Es hagelte nie gehörte Komplimente. Als Schwarzhaarige hatten die Männer Angst vor mir. Bestenfalls weckte ich Dominafantasien.
Blondinen leben besser. Und ja, sie haben mehr Spaß. Davon bin ich nach meiner wechselnden Erfahrung überzeugt.
Nun sehe ich kein fremdes Gesicht, wenn ich in den Spiegel blicke, auch wenn es von (natürlichen) braunen Haaren umrahmt wird. Ich fühle mich nicht weniger attraktiv, nicht schlauer, nicht jünger.
Trotzdem: Blond zu sein war großartig. Wer wirklich Spaß haben und sich das Leben vereinfachen möchte, der greife unbedingt zu H2O2 und genieße die Berechenbarkeit des männlichen Geschlechts.
Ich aber tauche nun ab in der Masse und werde kein sichtbares Leuchtfeuer mehr sein. Die Tage waren ohnehin gezählt. Schließlich ist für eine Frau spätestens ab 30 der Spaß längst vorbei – da ist die Haarfarbe auch schon egal.
Und während man mir als Blondine im Supermarkt zwei Dosen aus dem Regal holte, um mir „zu helfen“, wurde ich gestern von einer Dame gefragt, ob ich ihr nicht Schinken aus der Kühlung reichen könnte.
Weil man die Haarfarbe ändert, wird man kein anderer Mensch. Man selbst weiß das ganz genau. Nur die Außenwelt hat damit ihre Schwierigkeiten.