Gerichte stoppen Ausbeutung von Arbeitgebern


Der Fall der dreisten Kassiererin Barbara E. empört die Republik. Frau E. hat durch die Unterschlagung von Pfandbons in nicht unerheblicher Höhe das 30-jährige Vertrauensverhältnis zu ihrem Arbeitgeber so nachhaltig zerstört, daß eine Abmahnung völlig unzureichend gewesen wäre. Für ihren Arbeitgeber ist es schlicht unzumutbar geworden, sie aufgrund dieser unglaublichen Verfehlung weiterhin zu beschäftigen.

Dieser Mißbrauchsfall lässt alte Wunden aufbrechen. Geschädigte Arbeitgeber werden schonungslos an ausbeuterische Beschäftigte erinnert, die beispielsweise Firmeneigentum in böswilliger Absicht zerstört haben (man erinnere sich an den Fall einer Küchenmitarbeiterin, die Weintrauben gegessen hat, die für den betriebseigenen Abfall bestimmt waren) oder gar in großem Rahmen Arbeitszeitbetrug begingen (45 Minuten).

Die jüngsten Ereignisse lassen die Personenüberwachung bei Lidl und die Datenerhebung der Deutschen Bahn in völlig neuem Licht erscheinen. Massenentlassungen wegen gestohlener und unterschlagener Kugelschreiber sind zu erwarten.

Zurecht mit Unverständnis reagierten Gerichte dagegen auf vermeintliche Zerüttung des Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und -nehmer etwa durch unbezahlte Überstunden (dies ist selbstverständlich kein Arbeitszeitbetrug) oder gar durch Arbeitsplatzgefährdung aufgrund Mißmanagements und Spekulierfreude. Auch die bereits erwähnte Überwachung und Datenerhebung sei keinesfalls geeignet, das Vertrauen in den Arbeitgeber zu erschüttern, da häufig nicht einmal der Arbeitnehmer, sondern sein soziales Umfeld wie der Ehegatte oder Tabakhändler betroffen sei.

Die Richter bewiesen im Fall Barbara E., daß selbst in einem langjährigen, loyalen Mitarbeiter im Kern das Urböse steckt, das jederzeit ausbrechen kann. Befristete Verträge, Praktikanten und Hartz-IV-Empfänger, die sich ein Zubrot verdienen können und damit dem Staat durch Unterstützung der Tabak- und Spirituosenindustrie die nötigen Gelder zukommen lassen, um marode Unternehmen und Banken zu retten, minimieren das Risiko langfristiger Ausbeutung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer und sind daher zu begrüßen.

Frau E. wird ihre unglaubliche Verfehlung sicherlich bald ganz richtig als solche einschätzen, wenn sie als zukünftige Hartz-IV-Empfängerin erfahren muß, daß sie ihren Arbeitgeber um einen kompletten Stundenlohn im Niedrieglohnsektor bzw. um eine komplette Sekunde im Managerlohnbereich betrogen hat.

Das wird ihr und vielen potentiellen Arbeitnehmern, die es nicht wertzuschätzen wissen, ihre Arbeitskraft in einem Unternehmen einbringen zu dürfen, hoffentlich eine Lehre sein.